Das Geheimnis des Stiftes
Wo ist Melanies Vater?
Das Geheimnis des Stiftes
Wo ist Melanies Vater?
Für alle, die sich gelegentlich unsichtbar fühlen.
Für jene, die nicht wissen, wo ihr Platz ist:
Ihr werdet gesehen und geliebt.
Niemand ist gänzlich allein.
JZ
»Es ist nicht alles schlecht, wissen Sie?
Manchmal werden wir von den Menschen um uns herum überrascht.«
* Melanie Note *
Idee und Text: Janine Zachariae
Bilder: von Pixaby und Zedge
Cover: Janine Zachariae
Lektorat: Björn Sünder
Auflage: 2
Prolog
Name ...
Ja, und genau da fängt es schon an. Wie soll ich mich nur nennen?
Mir schwebt Marinette vor. Klingt doch schön, oder? Schnell muss ich nachschauen, in welcher Form dieser Name bereits vorhanden ist ...
Natürlich tauchen jede Menge Assoziationen mit der Zeichentrickfigur auf.
*Ladybug und Catnoir* ist auch eine schöne Serie über zwei Helden, die Paris vor dem bösen ›Hawk Moth‹ beschützen. In Wahrheit handelt es sich um die Schülerin Marinette und den Schüler Adrien, die durch ein Miraculous
(eine Art Talisman)
ihre Fähigkeiten erhalten.
Sehr süß gemacht, muss ich zugeben. Aber das bleibt unter uns, schließlich bin ich zu alt für so eine Animationsserie.
Instagram ist mir immer noch ein Rätsel, aber ich muss mich dem langsam beugen. Auch, wenn ich große Angst vor diesem ganzen Unbekannten habe. Aber für das, was ich vorhabe, und den nötigen Raum benötige, muss ich mich mit dem vertraut machen. Allerdings nur unter einem Pseudonym. Wenn jemand meinen richtigen Namen erfahren würde, wäre das eine Katastrophe.
Nicht, weil ich gesucht werde oder so. Nein, mich würde niemand suchen. Sondern, weil ich nicht zum Gespött aller dargestellt werden will. Oder schnell wieder in Vergessenheit geraten möchte.
Was würde ich auf meinem Account zeigen?
In erster Linie Bücher.
Ich habe jede Menge davon im Bücherregal und vielleicht wäre es eine gute Möglichkeit, mit anderen darüber zu sprechen. Denn sonst redet niemand mit mir über Literatur. Oder allgemein.
Seit ich denken kann, hab ich das Gefühl, unsichtbar zu sein. Natürlich nicht wörtlich betrachtet, ich bin ein Mädchen aus Fleisch und Blut und hab keine Superkräfte. Alles an mir ist nur sehr unscheinbar. Ganz gleich wie sehr ich mich auch bemüht habe, ich bin einfach übergangen worden.
Sogar in der Schule, besonders da eigentlich. Nicht einmal meine Lehrer haben mich wahrgenommen. Ich bin sooft weinend nach Hause gekommen, habe mich in meinem Zimmer versteckt und konnte es einfach nicht verstehen.
Jeden Morgen, wenn die erste Unterrichtsstunde angebrochen war, wurden wir Schüler namentlich aufgerufen und jeder bestätigte, ob man da ist oder eben nicht. Doch jedes Mal, jeden Tag über so viele Jahre, stockten die Lehrer bei meinem Namen, rümpften mit der Nase und blickten sich fragend um. Ich hob, wie jeder andere auch, meine Hand und oft folgte noch ein »Anwesend«. Sie aber blickten förmlich durch mich hindurch. Ich hatte einmal so viele fehlende Tage im Klassenbuch stehen, dass es ein Wunder war, nicht sitzen geblieben zu sein. Aber ich habe nur dann gefehlt, wenn ich wirklich krank war. Was ich mir so gut wie nie erlaubte. Denn je länger ich vom Unterricht ferngeblieben wäre, desto weniger würde man sich an mich erinnern.
Meine Mutter schüttelte oft missbilligend und unfassbar verwirrt oder wütend den Kopf, wenn sie von einem Elternabend nach Hause gekommen war und die Lehrer nicht einmal wussten, wie ich ausgesehen habe oder wo ich saß.
Da ich allerdings keinen Ärger haben wollte, dokumentierte ich jeden Schultag ganz präzise. Als das erste Zeugnis mit den vielen unentschuldigten Fehltagen eintrudelte und ich meiner Mutter hoch und heilig geschworen habe, dass ich keinen Tag davon fehlte, beschloss ich, jeden Morgen zur Direktorin zu gehen, und zeigte ihr meinen Schülerausweis. Sie sollte es eintragen, falls der Lehrer es nicht hinbekommen würde.
Dass ich auch schlechte Noten in Mitarbeit bekommen habe, muss ich wahrscheinlich nicht extra erwähnen. Ich habe so hart gearbeitet, so viel gelernt, stundenlang, oft bis tief in die Nacht hinein, dass ich alles andere gut ausbügeln konnte und ich war eine hervorragende Schülerin, auch wenn ich nicht in jedem Fach glänzte, aber niemand ist überall perfekt.
*
Manchmal besucht mich die Direktorin oder ein Lehrer oder eine Lehrerin in meinen Träumen. Sogar die Schule, die so eindrucksvoll und doch beängstigend wirkte, erscheint regelmäßig. Das bräunliche Gebäude, mit dem roten Dach, welches spitz zulief. Die Fenster waren mit grünen Fensterläden ausgestattet und ich hatte manchmal wirklich das Gefühl, ich sei in einem holländischen oder irischen Dorf, da die Schule so gar nicht zur restlichen Umgebung gepasst hat. Sie wirkte auf mich wie aus einem Märchen. Ringsum hatte man Bäume und Pflanzen gesetzt, die eine Grenze zur Straße bildeten.
In meinen Träumen werde ich manchmal von ihnen angegriffen, wenn ich aus der Schule fliehen will. Sie halten mich auf und dann kommen die Schulkinder und schmeißen mit Steinen nach mir, die aber durch mich hindurch gleiten, als sei ich ein Geist. Gelegentlich sitze ich in einem Klassenraum, welches aber immer enger wird.
Alles verschwimmt dann um mich herum und ich sehe nur noch die Wände, die unaufhaltsam auf mich zukommen. Bevor ich aber zerquetscht werde, wache ich jedes Mal auf.
*
Irgendwie aber schien es, als wäre meine Direktorin genau für diesen Ort gemacht. Sie war um die fünfzig, hatte bereits graue Haare, eine füllige Figur und wirkte doch jünger als so manch eine Lehrkraft. Sie versprühte eine Art Autorität, wie ich sie so noch nie gesehen hatte. Ich mochte sie und sie gab mir eine Chance, jedenfalls hatte sie mir nie das Gefühl gegeben, ich sei nicht erwünscht - morgens um halb acht. Ehrlich gesagt aber glaube ich, hatte sie nur eine Notiz auf ihrem Schreibtisch liegen, die mich jeden Morgen aufs Neue ankündigte. Denn ich hatte manchmal das Gefühl, sie würde erst einmal auf ein Blatt schauen, ehe sie mich wahrnahm. Aber selbst wenn es so gewesen war, meine Illusion konnte sie auch damit nicht zerstören.
Denn für diese eine Minute am Tag hatte ich wirklich das Gefühl, da zu sein.
Während mich die Lehrkräfte behandelten, als sei ich komplett im Weg, wenn ich einmal eine Frage hatte.
Ich war unendlich froh, die Schule hinter mir gelassen zu haben. Denn es war sehr anstrengend gewesen unsichtbar zu sein und doch scheint es mich noch immer zu verfolgen.
Allerdings war nicht alles schlecht gewesen, denn ich hatte genug Zeit und auch Inspiration, um ein Buch zu schreiben.
Dadurch war ich in der Lage an einem Wettbewerb teilzunehmen.
Junge Autoren zwischen 14 und 20 Jahre
1. Platz: