Die Mitschuldigen. Johann Wolfgang von Goethe. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Johann Wolfgang von Goethe
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754177716
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Strümpfen, wie ich bin, ritt ich wahrhaftig weiter

      Als bis zum Tartar Cham, eh der verdammte Reuter

      Von Altona hierher mit seinem Pferde kriecht,

      Und wenn man's recht besieht, noch gar sein Stückchen lügt.

      Er sucht überall.

      Ich find ihn nicht, den Brief. Er kriegt' ihn doch gewißlich.

      Vielleicht nahm er ihn mit! Das wäre mir verdrüßlich.

      Er sucht.

      SÖLLER im Alkoven.

      Du guter alter Narr! Ich seh wohl, es hat dich

      Der Diebs- und Zeitungsgott nicht halb so lieb wie mich.

      DER WIRT.

      Ich find ihn nicht.

      Er erschrickt.

      O Weh! Hör ich auch recht? Daneben

      Im Zimmer –

      Er horcht.

      SÖLLER erschrocken.

      Riecht er mich vielleicht?

      DER WIRT.

      Es knistert, eben

      Als wär's ein Weiberschuh!

      SÖLLER getrost.

      Schuh! Nein, das bin ich nicht.

      DER WIRT blast den Wachsstock aus.

      Aus! Bleibe, wer da will! Geh auf!

      Er kann das Schloß in der Eile nicht aufmachen und läßt darüber den Wachsstock fallen; endlich stößt er die Türe auf und läuft fort.

      Dritter Auftritt

      Sophie mit einem Lichte, kömmt zur Haupttüre herein.

      Söller im Alkoven.

      SÖLLER erstaunt.

      Ein Weibsgesicht!

      Fast so wie meine Frau. Ich hoffe nicht.

      SOPHIE setzt das Licht auf den Tisch und kömmt hervor.

      Ich bebe

      Bei dem verwegnen Schritt.

      SÖLLER mit Karikatur.

      Sie ist's! so wahr ich lebe.

      Adieu, du armer Kopf! Allein, gesetztenfalls,

      Ich zeigte mich! Und dann! Ja, dann adieu mein Hals.

      SOPHIE.

      Ja, folgt der Liebe nur; mit freundlichen Gebärden

      Lockt sie euch anfangs nach.

      SÖLLER wie oben.

      Ich möchte rasend werden!

      Und darf nicht.

      SOPHIE.

      Doch wenn ihr einmal den Weg verliert,

      So führt kein Irrlicht euch so schlimm, als sie euch führt.

      SÖLLER.

      Gar recht, dir wär ein Sumpf gesünder als das Zimmer.

      SOPHIE.

      Bisher ging's ziemlich schlimm, doch es wird täglich schlimmer.

      Mein Mann macht's bald zu toll. Bisher gab's wohl Verdruß;

      Doch jetzt treibt er's, daß ich ihn gar verachten muß.

      SÖLLER.

      O Hexe!

      SOPHIE.

      Meine Hand hat er, Alcest inzwischen

      Besitzt, wie sonst, mein Herz.

      SÖLLER.

      Zu zaubern, Gift zu mischen

      Ist nicht so schlimm.

      SOPHIE.

      Das Herz, das er zuerst entflammt,

      Das erst durch ihn gefühlt, was Liebe sei.

      SÖLLER.

      Verdammt.

      SOPHIE.

      Kalt, spröde war dies Herz, eh es Alcest erweichte.

      SÖLLER.

      Ihr Männer! stündet ihr nur all einmal so Beichte!

      SOPHIE.

      Wie glücklich war ich sonst!

      SÖLLER.

      Sonst! Nun, das ist vorbei!

      SOPHIE.

      Wie liebte mich Alcest.

      SÖLLER.

      Pah! Das war Kinderei!

      SOPHIE.

      Das Schicksal trennt' uns bald, und, ach, für meine Sünden

      Mußt ich mich, welch ein Muß! mit einem Vieh verbinden.

      SÖLLER.

      Ich, Vieh? Jawohl ein Vieh, von dem gehörnten Vieh!

      SOPHIE.

      Was seh ich!

      SÖLLER.

      Was Madam?

      SOPHIE.

      Des Vaters Wachsstock! Wie

      Kam der hierher? Vielleicht! Da werd ich fliehen müssen.

      Vielleicht belauscht er uns.

      SÖLLER.

      Oh! setz ihr zu, Gewissen!

      SOPHIE.

      Nur das begreif ich nicht, wie er ihn hier verlor.

      SÖLLER.

      Sie scheut den Vater nicht; mal ihr den Teufel vor.

      SOPHIE.

      Ach nein, das ganze Haus liegt ja in tiefem Schlafe.

      SÖLLER.

      Die Lust ist mächtiger als alle Furcht der Strafe.

      SOPHIE.

      Mein Vater kann nicht wohl. – Wer weiß, wie es geschah!

      Es mag drum sein.

      SÖLLER.

      O weh!

      SOPHIE.

      Alcest ist noch nicht da?

      SÖLLER.

      O dürft ich sie!

      SOPHIE.

      Mein Herz schwimmt noch in seltnem Zweifel,

      Ich hoff und fürcht ihn doch.

      SÖLLER.

      Ich fürcht ihn wie den Teufel.

      Und mehr noch. Käm er nur, der Prinz der Unterwelt,

      Ich bät ihn: Hol mir sie! Da hast du all das Geld!

      SOPHIE.

      Du bist zu zärtlich, Herz. Was ist denn dein Verbrechen?

      Versprachst du, treu zu sein? Und konntest du's versprechen?

      Dem Menschen treu zu sein, an dem kein gutes Haar,

      Der unverständig, grob, falsch!

      SÖLLER.

      Das bin ich!

      SOPHIE.

      Fürwahr!

      Wenn so ein Scheusal nicht den Abscheu