Oliver Hell Todeshauch. Michael Wagner J.. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael Wagner J.
Издательство: Bookwire
Серия: Oliver Hell
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783738058314
Скачать книгу
pty-line/>

      Oliver Hell

      Todeshauch

      Von

      Michael Wagner

      Roman

      Ungekürzte Ausgabe

      1. Auflage

      Im Juli 2015

      Copyright © 2015 Michael Wagner

      Textur by Ruth West.

      Frame by Freepik.

      Korrektorat:

      Dr. Stephanie Heikamp

      Michael Wagner

      [email protected]

      All rights reserved.

      »Our life on earth is just a fragment of our journey.«

      A.D. Williams

      Prolog

      Der Mann, der sich später ‚Everblack‘ nennen wird, wachte auf und schaute auf den Wecker. Es war Viertel vor drei. Wenn er richtig mitgezählt hatte, dann erwachte er in dieser Nacht zum sechsten Mal. Es war normal für ihn und das schon seit Wochen. Diese Schlafstörungen hatten einen einfachen Grund. Sie begannen mit ihrem Tod. Seitdem die Wirklichkeit alle seine Träume zerstört hatte.

      Ellen war tot.

      Sie hatte sich umgebracht und er hatte es nicht verhindern können. Seine Frau hatte sich das Leben genommen. Seine Ellen. Sie lebten zwar schon seit zwei Jahren getrennt voneinander, doch hatte er immer noch auf eine Versöhnung gehofft. Sie hatte nie die Scheidung eingereicht. Also bestand noch ein Hoffnungsschimmer, so hatte er es sich gewünscht. Bis zu dem Tag, als die Polizei vor seiner Tür stand, um ihm mitzuteilen, dass seine Frau tot sei. Er erlitt einen Nervenzusammenbruch und bekam noch im Flur einen Anfall.

      Bis zu diesem Tag hatte ihre Freundlichkeit ihm gegenüber die Hoffnung genährt, dass alles sich wieder zum Guten wenden würde. Doch jetzt lag alles in Trümmern. Sein Leben, seine Zukunft und seine Pläne für eine neue gemeinsame Zukunft.

      Und es gab einen Gedanken, der seitdem in seinem Bewusstsein immer engere Kreise zog. Erst waren sie weit, wie bei einem Greifvogel, der nach einem Opfer sucht, doch diese Kreise wurden immer enger. Das Ziel konkretisierte sich, der Greif hatte sein Opfer ausgemacht. Sie kreisten um eine bestimmte Person. Und seine Pläne wurden immer klarer. Diese Person musste büßen für das, was sie getan hatte. Dabei hatte sie eigentlich nichts getan, genau genommen, hatte sie sich sogar richtig verhalten. Aber das zählte nicht. Diese Person musste büßen für Ellens Tod. Er musste büßen, weil er der Grund für ihre Trennung war.

      Er muss büßen.

      Er muss büßen.

      Diese drei Worte bestimmten fort an seine Gedanken. Immer, zu jeder Minute und zu jeder Sekunde und zu jedem Bruchteil einer Sekunde. Immer da. Immerschwarz. Sie ließen ihn nicht mehr zur Ruhe kommen. Daher stand er um zwölf Minuten vor drei in dieser Nacht auf und zog sich an.

       *

      ‚Die Polizei sucht nach einem Überfall auf eine Lidl-Filiale in Lohmar-Wahlscheid nach dem Täter. Dieser hatte nach Aussage der Mitarbeiterinnen mit einer Waffe die Herausgabe der Tageseinnahmen erzwungen. Der Unbekannte erbeutete mehrere hundert Euro Bargeld. Er wird wie folgt beschrieben: ca. 180 cm groß, ca. 35 Jahre alt, beige Hose, blaue Bomberjacke, kurze schwarze Haare. Intensive Suchmaßnahmen der Ermittlungsbehörden verliefen bislang ohne Ergebnis.‘

      ‚In der Nacht auf Sonntag, dem 28.08.2013, brachen Unbekannte in ein Waffengeschäft in der Bonner Innenstadt ein. Sie erbeuteten mehrere Schusswaffen und Munition. Von den Tätern fehlt jede Spur. Die Polizei nimmt sachdienliche Hinweise entgegen.‘

      Donnerstag, 12.09.2013

      Oliver Hell lachte herzlich, legte das Handy neben sich auf dem Frühstückstisch ab und wischte sich die Krümel vom Hemd. Sie landeten auf dem Parkettboden unter dem Frühstückstisch, dort, wo schon die Krümel der Vortage auf einen Besen warteten. Sie wurden von ihren Kollegen freudig begrüßt. Nach dem Dienst würde er einen Hausputz machen. Der war wirklich dringend nötig. Seitdem Franziska das letzte Wochenende bei ihm verbracht hatte, hatte er keinen Besen oder Staubsauger in die Hand genommen. Am Freitagnachmittag würde sie schon frühzeitig ankommen, also musste er den Donnerstagabend dazu nutzen, um klar Schiff zu machen. Mit dem Frühstücksbrettchen und dem Tetra Pak mit Milch in den Händen war er schon auf dem Weg zur Küchenzeile, als das Handy auf dem Esstisch erneut klingelte. Hell stutzte, stellte die Milch auf die Anrichte und ließ das Brettchen in die Spüle gleiten. War es erneut Franziska, die ihm noch etwas zu berichten hatte? Ein Blick auf das Display verriet ihm, dass es nicht so war.

       *

      Der Leichnam wurde von einer Putzhilfe gefunden. Sie hatte geklingelt, so wie sie es jeden Donnerstag tat und als ihr die Tür nicht geöffnet wurde, hatte sie mit ihrem Schlüssel aufgeschlossen. So war es mit dem Hausbesitzer ausgemacht.

      »Wenn ich nicht daheim sein sollte, fühlen Sie sich frei aufzuschließen, dafür haben Sie einen Schlüssel, Frau Susic.«

      Sie hatte ihre Tasche in der Diele abgestellt, schon die Tür zur Besenkammer geöffnet, als sie im Augenwinkel etwas zwischen Couch und Sessel im Wohnzimmer liegen sah. Neugierig ging sie in das Zimmer, um nachzusehen. Als sie näher kam, erkannte sie einen der Hausschuhe des alten Herrn. Noch eine Sekunde lang dachte sie, dass eine solche Schludrigkeit dem alten Herrn gar nicht ähnlich sah, als sie ihn dort zwischen Tisch und Couch liegen sah. Nicht weit von seinem zweiten Filzpantoffel entfernt lag der Hausherr und sie zweifelte nicht eine Sekunde daran, dass er nicht mehr lebte. Sie stieß einen spitzen Schrei aus und unterdrückte den Impuls, die Beine in die Hand zu nehmen und wegzulaufen. Sie hatte schon einige Tote in ihrem Leben gesehen. Mehr als ihr lieb war. Sie hatte ihre Großeltern sterben sehen und ihren großen Bruder. In Jugoslawien. Lange her. Dennoch fuhr ihr der Schreck gehörig in die Glieder und sie musste allen Mut aufbringen, um wieder zu der Leiche zurückzugehen. Mit einem schnellen hektischen Griff an den Hals des alten Herrn überzeugte sie sich davon, dass hier wirklich jede Hilfe zu spät kam. Nicht zuletzt das hässliche Loch in seiner Stirn ließ keinen Zweifel mehr zu. Mit zittrigen Händen fischte sie ihr Handy aus der Tasche und wählte den Notruf. Draußen vor der Haustür wartete sie auf die Ankunft der Polizei.

       *

      Als Hell in der Straße ankam, die ihm von der Einsatzleitung genannt worden war, sah er den Einsatzwagen der KTU dort stehen und den weißen VW-Polo von Lea Rosin. Dahinter stand ein Einsatzfahrzeug der Polizei. Lea Rosin hatte ihre Hand auf dem Dach des Wagens liegen und beugte sich in das Fahrzeug hinein. Er erkannte, während er sich dem Fahrzeug näherte, dass jemand auf dem Rücksitze kauerte.

      »Guten Morgen, Lea, bist du alleine?«, fragte Hell.

      Rosin hob den Kopf und reichte ihm die Hand. »Guten Morgen, Chef, ja, ich bin alleine. Jan-Phillip hat sich eine ‚Sommergrippe‘ genommen. Er sagt, er müsse zum Arzt.« Sie zog die Augenbrauen hoch und wiegte den Kopf hin und her, sodass Hell sofort erkannte, was sie von der Aussage ihres Kollegen hielt.

      »Na, hervorragend. Das fehlt uns noch! Klauk ist noch mitten in seiner Findungsphase und Wendt hat nun Grippe!« Hell verzog den Mund, wandte sich ab und drehte sich aber sofort wieder um. »Wer ist das?«, fragte er leise und deutete auf die Person im Streifenwagen.

      »Das ist Ediba Susic, die Putzhilfe des Toten. Sie hat ihn gefunden. Es handelt sich bei dem Mann um Donatus Monzel. Komischer Name, oder?«

      »Donatus ist Latein und bedeutet so viel wie ‚Von Gott geschenkt‘«, antwortete Hell und betrachtete die Frau, die zusammengekauert auf dem Rücksitz saß.

      »Sie macht auf tapfer, aber ich habe vorsichtshalber den Notarzt verständigt. Sicher ist sicher«, antwortete Rosin, die den besorgten Blick ihres Chefs richtig interpretiert hatte.

      »Konnte sie dir etwas sagen?«, fragte Hell.

      »Nicht viel. Sie hat ihn