Die größten Klassiker der deutschen Literatur: Sturm und Drang. Johann Gottfried Herder. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Johann Gottfried Herder
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 4064066398903
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Staatskörper auf das Herz los; und außerdem kannt er die Menschen gut genug, um zu wissen, daß jeder seine größten Feinde in der Nähe hat: und fand es so bei den welschen Galliern.

      Die Schlacht an meinem See ziert mir hier die Gegend ganz anders aus als Konstantins Schlacht vom Raffael das Vatikan. Die furchtbaren Wörter, die wunderbar davon noch immer übriggeblieben sind, als Ponte Sanguinetto, Ossaja, Spelonca, gehen mir immer wie eine Brandfackel in die Seele, wenn ich da herumreite, so daß ich zuweilen vor Hitze und Ungeduld nicht auf dem Pferde bleiben kann und herunter in ein Wirtshaus muß, um einen frischen Zug zu tun von Römergrimm, der hier ins Gras biß und noch die Weinfelder düngt.

       Treve, April.

      Ich schreibe Dir im Fluge, weil ich Dich künftigen Sommer bei mir haben muß, um Dir die Schönheit und den Reiz auch meiner Gegenden zu zeigen und sie mit Dir zu genießen, glücklicher noch, als ich mit Dir die Lombardei an Deinem Lago genoß. Mache Dich beizeiten auf und kehre bei meiner Tante zu Florenz ein, wo wir uns treffen werden.

      Ich lag bei Passignano, nicht weit von meiner Wohnung, auf einer fruchtbaren Anhöhe, wo man den See überschaut, unter hohen Ulmen und Eichen, zwischen alten Ölbäumen und Zypressen und blühenden Wipfeln, den neuen Gesang der Nachtigallen um mich, noch früh am Morgen; und tat nichts als hören und betrachten in Freude, wie ein Kind ohne weitere Gedanken; doch ahndeten süße Regungen in meinem Herzen entzückende Dinge.

      Und sieh!

       auf einmal reitet aus dem Hohlwege, mit einem Boten voran, ein junger Ritter hervor auf einem kastanienfarben königlichen Rosse, dem auf einem andern ein Mohr folgt. Eine Engelsgestalt der Jüngling, wie er näher kam in rundem Hut mit Federbusch, kurzem spanischen scharlachnen Mantel, Halbstiefeln, die vollen Schenkel und den schlanken Leib in weiches Leder gekleidet, ein blitzend Schwert über den Rücken an seinen Lenden und Pistolen im Sattel.

      Ich kannte das halbversteckte Gesicht und wußte mich nicht dreinzufinden. »Ist sie es, oder täusch ich mich?« fuhr ich schnell auf, wie der reizende Ritter bald bei mir war.

      Er erblickte mich, hielt ein mit lächelnder Verwundrung, sprang vom Pferde: und Fiordimona und ich hielten uns umschlungen mit wonneglänzenden Blicken, gierigen Seelenküssen.

      Ich schrieb ihr noch von Florenz aus; auch sie begab sich ohne weitere Nachricht auf eins ihrer Güter in der Nachbarschaft, wovon sie mir nie etwas gesagt hatte, und kam nun, mich zu überraschen und zu einer Lustreise abzuholen. Zu Perugia, wo sie den Tag zuvor eintraf, saß sie gegen Morgen noch in der Dunkelheit auf und war bei mir in wenig Stunden.

      Sie blieb nur zwei Göttertage bei mir; alles, was zu Cortona Liebe fühlen kann, geriet schon im Vorübergehen bei ihrer Annäherung in eine solche Feuersbrunst, daß wir uns plötzlich in der Stille davonmachen mußten, damit meine Wohnung nicht wie Lots Haus belagert würde.

      Fiordimona veränderte ihre Kleidung in etwas, und ich gab ihr andern Hut und Mantel, um weniger bemerkt zu reisen. Sie scherzte selbst über ihren vorigen Putz und daß die Weiber ihn nie vergessen könnten, und so verkappten wir noch ihre Mohrin. Ich nahm meinen jungen treuen Schweizer Häl, einen Gemsjäger aus Wallis von den Quellen des Rhodan, mit mir; und Paar und Paar zogen wir in der Nacht ab. Vorher schrieb ich an den Herzog eine notwendige Lüge und an meine Tante um ein paar starke Wechsel.

      Zu Perugia weideten wir uns inniglich, nach eingenommenem Frühstück, an den Raffaelen, welcher ihr Liebling ist, und den Werken seines Lehrmeisters. Ritten dann die Höhen herab nach den anmutigen Tälern und über die Johannisbrücke, worunter der Tiberstrom reißend in rauschenden wilden Fluten wegschießt, und hielten Mittagsrast auf dem schönen Hügel Assisi im heiligen Kloster.

      Die Nacht blieben wir in Foligno. Den Morgen darauf zogen wir durch das reizende Tal, das an malerischen Schönheiten und Fruchtbarkeit seinesgleichen nächst der Lombardei vielleicht nur wenig auf dem ganzen Erdboden hat, und schieden uns bei Treve abgeredetermaßen.

      Sie begab sich wieder auf ihr Gut, welches nicht weit davon liegt und wo wir zusammenkönnen, wenn wir wollen.

      Kapitel 44

       Inhaltsverzeichnis

      Mein Lustörtchen hat die schönste Lage der ganzen Gegend und ist an einen runden, nicht hohen Berg die Hälfte herum gebaut, der einen weiten Olivenwald ausmacht. Die Menschen scheinen sich wie Vögel in die Bäume mit ihren Häusern obenhin genistet zu haben. Man übersieht von hier aus das ganze Tal von Spoleto bis Fuligno, Assisi und Perugia, und der Flecken heißt mit Recht der Redeplatz (la Ringhiera) von Umbrien.

      Fiordimona hat ihren Aufenthalt in üppigen Gärten von Fruchtbarkeit und Lieblichkeit bei den Quellen des Clitumnus (le Vene), die am Fuß des höchsten Bergs im ganzen Umkreis, Campello, aus einem Felsen kommen, mit vielen uralten Feigenbäumen bewachsen, in unzählbaren Sprüngen. Es ist ein unaussprechliches Vergnügen, wie das klare, kristallhelle, frische gesunde Naß aufquillt, von der Macht zu zarten Bläschen getrieben, unter dem erfreulichen Schatten, alles innerlich sich regt und bewegt und die Fülle von selbst auf ebner Fläche fortrinnt. Nahe dabei wallen sie in Bächen zu den Gärten Fiordimonens hinein und drängen sich da in einen lebendigen Teich zusammen, dessen Ufer hohe Ahornen, Pinien, Lorbeern, Reben und Haselstauden beschatten; und aus diesem strömt der Clitunno schon ein ansehnlicher Fluß, voll schneller Forellen, so daß ich in Italien keine so starke Quellen kenne.

      Etwa tausend Schritte davon steht ein kleiner Tempel mit korinthischen Säulen zierlich in der Ferne, obgleich aus spätern Zeiten, dem Flußgott zu Ehren, der den Römern ihr Vieh so weiß machte. Auch haben wirklich alle Rinder dieses Tals ein glänzendes Silberweiß und sind außerordentlich gutartig mit ihren ungeheuern großen Hörnern. Der Strom, denn diesen Namen darf man ihm wohl geben, bleibt das ganze lange Tal durch kristallhell.

      Ich gebe mich in meinem Wirtshause für einen Maler aus; und wahrlich ist da genug zu malen und zu zeichnen an Menschen, Vieh und den Bergen mit ihren herrlichen Formen und Tinten, wenn mir Zeit dazu übrigbliebe. Die ganze Nächte steck ich bei Fiordimonen, und wir müssen zuweilen unsern Brand bei der heißen Witterung in dem lieblichen See des Clitunno abkühlen, denn sie schwimmt wie ein Fisch, von zarter Kindheit dazu angelehrt; wo wir die Schwäne von ihrem Schlummer aufwecken, deren sie eine Herde darauf hat. Dieser König der Wasservögel ist ihr Lieblingsvogel; und wo gibt es auch einen schönern? und ein lockender lebendiger Bild der Lust, wenn sie ihre Hälse umflechten und vor Entzücken leis kreischen und zusammengirren und mit ihren Flügeln schlagen, daß der Gesang der Nachtigall davor verschwindet und zu geschwätzigem und unaufhörlichem Getön wird. Die meisten läßt sie wild fliegen; sie kennen das Plätzchen und kommen immer wieder.

      Morgen geht die Woche schon zu Ende, seitdem wir hier sind; Himmel, wie schnell! Wir wollten nur einen oder zwei Tage haltmachen, aber es war gar zu erfreulich. Sie läßt alles zurück, und die Mohrin, und begleitet mich allein. Übermorgen in der Nacht brechen wir heimlich auf und streichen weiter; im Hause glaubt man, daß sie nach Rom reise.

       Terni, Mai.

      Ich bin im Himmelreiche! Wie ein paar kühne Adler jagen wir durch die weiten Lustreviere! Freiheit, Quellenjugend und feurige Liebe und Zärtlichkeit!

      Gestern abend kamen wir durch den rauhen Wald und das wilde Gebirg von Spoleto hier an, und diesen Morgen sind wir gleich nach dem neuen Sturz des Velino in aller Frühe ausgezogen. Wir wollten ihn zuerst von oben betrachten.

      Der Weg dahin ist voll reizender Aussichten; die Berge wölben sich immer einer höher als der andre weiter fort gen Himmel, um gleichsam dieses Paradies ganz von der irdischen Welt abzusondern. Die Sonne ging eben auf, als wir nach der Höhe zu ritten, gerade über dem Gebirg den Felsenriß hinein, worin eine herrliche See von befruchtendem Taunebel in der Mitte schwamm.

      Der Wasserfall ist nun eine entzückende Vollkommenheit in seiner Art, und es mangelt nichts, ihn höchst reizend zu machen. Ein starker Strom, der feindselig gegen ein unschuldiges Völkchen handelte, muß sich, gebändigt durch einen tiefen Kanal stürmend, in wilden Wogen wälzen, mit allerlei süßem