Melden müssen den Handel, egal ob Kauf, Verkauf, Schenkung oder Vererbung, die Insider ab einer Freigrenze von 5.000 Euro pro Jahr. Die vorsätzliche oder leichtfertige Verletzung der Mitteilungspflicht ist eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld von bis zu 100.000 Euro belegt werden kann.
Jetzt haben wir uns lang und breit und tief mit den gesetzlichen Vorschriften befasst, noch ganz kurz zu den Anforderungen, die die Börsenplätze stellen – hierzu gibt es aber gleich in Kapitel 2 eine Vertiefung. Hier nur so viel zur Einstimmung: Die Börse Frankfurt verlangt für ihren Prime Standard Quartalsberichte (deutsch und englisch), die wiederum mindestens eine Bilanz, eine Gewinn-und-Verlust-Rechnung, eine Kapitalflussrechnung sowie einige weitere Angaben zur Geschäftstätigkeit und zum Unternehmen enthalten müssen. Die Mitgliedschaft im Prime Standard ist wiederum Voraussetzung, um überhaupt in den Genuss einer möglichen Aufnahme in einen der Indizes der Börse Frankfurt, also Dax, MDax, TecDax & Co. zu kommen – dazu mehr in Kapitel 8.
Der Zwang zur Quartalsberichterstattung mit der Sorge vor einem möglichen »Abwatschen« des Kapitalmarkts führe zu einer nur auf kurzfristigen Erfolg ausgerichteten Unternehmenspolitik, so die Kritik an der Quartalsberichterstattung. Allerdings – manchmal sind die Firmenlenker (Manager) noch viel mehr auf kurzfristigen Erfolg (Karrieresprung, Boni) aus als die Aktionäre! Besonders schwierig sind Quartalsberichte für Unternehmen, die sehr abhängig von saisonalen Schwankungen sind. Erfahrene Anleger können das aber gut einschätzen.
Gut sein und gut anlegen
Nach so viel Müssen müssen zum Wohle und Interesse der Anleger schaffen Unternehmen auch zunehmend freiwillig Transparenz. Eine – gerne auch marketinggerecht in großen Anzeigen propagierte – Hinwendung gerade zu ökologischen Themen ist unverkennbar. Natürlich nicht aus Altruismus, sondern weil sie im harten Konkurrenzkampf zu anderen Anlageformen und interessanten Aktiengesellschaften Anleger von sich überzeugen wollen. Denn es wandeln sich nicht nur Unternehmen, Produkte und Managementphilosophien, sondern auch die Gesellschaft als Ganzes. Die Anforderungen der Verbraucher steigen. Wer sich genauestens informiert, wo und mit welchen Mitteln seine Lebensmittel hergestellt wurden, und bereit ist, für Güte, Qualität und möglichst wenig unnatürliche Zusatzstoffe einen höheren Preis zu entrichten, der will auch ganz genau wissen, was das Unternehmen und dessen Lieferanten so treiben, in das er sein Geld investiert. Viele Unternehmen haben diesen Trend erkannt und veröffentlichen nicht nur einen Geschäftsbericht mit den harten Fakten und einem seit 2017 verpflichtend vorgeschriebenen Nachhaltigkeitsbericht als separatem Bestandteil. Außerdem muss die »Nichtfinanzielle Erklärung« in den Lagebericht und kann Teil des Nachhaltigkeitsberichtes sein. Zusätzlich veröffentlichen sie eigene Nachhaltigkeitsberichte und/oder Corporate-Social-Responsibility-Reports – der Unterschied der beiden Reports ist fließend.
Da es gerade unter den kleineren professionellen Anlegern viele gibt, die auch nach sozialen Gesichtspunkten investieren (müssen), wie etwa Stiftungen, Kirchen oder Vereine, spielen diese Veröffentlichungen eine durchaus zentrale Rolle. Diese professionellen oder institutionellen Anleger unterscheiden sich von Privatanlegern in der Regel durch die Höhe ihres Anlagevolumens, das eher im mehrstelligen Millionenbereich angesiedelt ist, und dadurch, dass sie für Dritte anlegen, also gegenüber ihren Auftraggebern jederzeit Rechenschaft ablegen müssen. Nach einer Untersuchung von PricewaterhouseCoopers (PwC) legen inzwischen 87 Prozent der Dax-Unternehmen Nachhaltigkeitsberichte vor. Ob und inwieweit diese tatsächlich gelesen werden und einen signifikanten Beitrag zur Kaufentscheidung von Aktien leisten, ist allerdings umstritten. Der Aufwand ist auf jeden Fall hoch – und der Papierverbrauch leider auch.
Nun lässt sich trefflich streiten, was eigentlich nachhaltig ist und was nicht, und man konnte daraus leicht ein eigenes … für-Dummies-Buch schreiben – Nachhaltig investieren für Dummies (2021) würde sich im Regal gut neben Vegan leben für Dummies machen. Die Europäische Union hat sich dieses Thema auf ihre Fahne(n) geschrieben und viele der großen, institutionellen Investoren legen nicht nur verstärkt in nachhaltige Unternehmen an, sondern versuchen sogar aktiv Konzerne zum Umdenken zu bewegen, indem sie auf Hauptversammlungen auftreten oder ernste Gespräche mit dem Management führen. Neudeutsch nennt man diese Form des engagierten Investierens Impact Investing. Was es bereits gibt, ist ein deutscher Nachhaltigkeitskodex, der 20 Kriterien unternehmerischer Nachhaltigkeit aufführt. Im Grunde gibt es drei Aspekte für Nachhaltigkeit in Unternehmen: gute Unternehmensführung (Governance & Ökonomie), die soziale und gesellschaftliche Einbettung des Unternehmens und die Ökologie. Eine Art freiwillige Verpflichtung für Unternehmen stellt der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) dar. Hier werden sowohl gesetzliche als auch freiwillige Leistungen der Unternehmen zusammengefasst und von einer unabhängigen Kommission kontinuierlich erneuert. Mehr dazu finden Sie in Kapitel 8.
Einfach nur Aktien – das ist nicht so einfach
Jetzt haben Sie über Aktiengattungen und Kapitalerhöhungen, Fusionen und feindliche Übernahmen und Anlegen mit gutem Gewissen und viele andere Dinge gelesen und denken vielleicht: Was soll das alles? Ich wollte doch einfach nur wissen, was es mit Aktien auf sich hat! Eine durchaus berechtigte Reaktion. Aber das ist genau das Problem, obwohl uns das Wort »Problem« in diesem Zusammenhang nicht gefällt: Wer Aktien kauft, beteiligt sich direkt an Unternehmen und damit aktiv am Wirtschaftsleben.
Während Sie vormals völlig gelassen über gigantische Übernahmeschlachten – verzeihen Sie die militaristische Wortwahl, es wird nicht wieder vorkommen – in Ihrer Zeitung lasen, fiebern Sie jetzt mit, weil Sie die Aktien des einen Konzerns im Depot liegen haben. Eine kleine Notiz, dass ein Unternehmen der Börse Adieu sagte, ließ Sie bisher völlig kalt, lieber lasen Sie im Feuilleton über eine missglückte Theateraufführung in einer 500 Kilometer entfernten Stadt. Ganz anders wird es sein, wenn Sie erst einmal Aktien eines solchen Unternehmens besitzen. Wer Aktien kauft, muss sich informieren – und es sollte ihm wenigstens einigermaßen Freude bereiten. Das Interesse kommt mit dem Wissen, heißt es. Es gibt Fachleute, die behaupten, dass es viel zu teuer sei, eine breite Bevölkerung mit dem notwendigen Finanzwissen vollzupumpen, sodass diese sich selbst um ihre Finanzen und Altersvorsorge kümmern können. Wozu gäbe es schließlich Spezialisten; wer krank sei, gehe schließlich auch zum Arzt und bilde sich nicht selbst zum Chirurgen aus.
Der Vergleich hinkt, nicht nur weil er aus der Medizin stammt. Erstens schadet es nicht, sich vor und nach einem Arztbesuch zu informieren, um besser zu verstehen, was einem eigentlich fehlt und was warum gemacht wird. Zweitens sollen Sie Aktien kaufen und kein Unternehmen lenken, Sie brauchen also kein Diplom in Volkswirtschaft und Betriebswirtschaft, in Controlling und Investmentbanking. Aber ein paar grundlegende Dinge, wie Wirtschaft funktioniert, sollten Sie wissen und vor allem eines nie verlieren: Ihren gesunden Menschenverstand. Solchermaßen gerüstet könnten Sie überlegen, wo Sie Aktien kaufen können – nachdem Sie jetzt einen ungefähren Überblick haben, was sich damit verbindet. Und damit zum nächsten Kapitel gehen.