Erstrebtes und Erlebtes. Verena Conzett. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Verena Conzett
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Документальная литература
Год издания: 0
isbn: 9783037600245
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      Verena Conzett

       Erstrebtes und Erlebtes

      Ein Stück Zeitgeschichte

      E-Book 2013 der 3. Auflage von 1929

      Conzett Verlag by Sunflower Foundation, Zürich

      ISBN 978-03760-024-5

      Alle Rechte vorbehalten • Druck Conzett & Huber, Zürich

      Copyright 1929 by Morgarten Verlag, Zürich

      Printed in Switzerland

      Die Schreibweise entspricht, mit geringfügigen Anpassungen, der Ausgabe von 1929.

      eBook-Herstellung und Auslieferung:

       Brockhaus Commission, Kornwestheim

       www.brocom.de

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      Gemälde von Dora Hauth

      Dem Andenken

      meines verstorbenen Gatten

      und meiner früh dahingeschiedenen

      Söhne Hans und Simon

      Inhaltsverzeichnis

       Vorwort

       I. Teil. Meine Jugendzeit

       Meine Kindheit

       Eintritt ins Erwerbsleben

       Fabrikarbeiterin

       Krawattenmacherin

       Modearbeiterin und Ladentochter

       Verlobung

       Conrad Conzetts Lebensgeschichte

       II. Teil. Meine Ehe

       Eintritt ins politische Leben

       Schlosserstreik in Zürich

       Auswirkung des deutschen Sozialistengesetzes

       Internationaler Sozialistenkongress 1893 in Zürich

       Drohende Wolken

       Rücktritt des Bundeskomitees des Gewerkschaftsbundes

       Conrads Unfall

       Internationaler Arbeiterschutzkongress 1897 in Zürich

       Schwere Schicksalsschläge

       Nachrufe

       III. Teil. Geschäftliches Ringen und Erfolg

       Politische Tätigkeit

       Geschäftliche Erfolge

       Ein Traum

       Ein Besuch in der einstigen Heimat

       Frisch gewagt

       Kranken- und Unfallversicherung

       «In freien Stunden», Gründung und Entwicklung

       Der internationale Friedenskongress

       Erholungskuren

       Die «Bugra»

       Der Inselhof

       Kriegsausbruch

       Russische Revolution

       Die Grippe

       Nachkriegszeit

       Mein Heim in Kilchberg

      Vorwort

      Es war im Spätherbst. Ich sass in meinem Heim in Kilchberg am Schreibtisch; sinnend schweifte mein Blick in die Weite, setzte sich am andern Ufer des Zürichsees fest, dessen herbstliche Färbung durch die Beleuchtung der scheidenden Sonne so tief, so kraftvoll glühte, dass ich ins Schauen versank. Wie ich so schaute und sann, traf vor mein geistiges Auge ein anderer, längst versunkener Herbsttag, und die Erinnerung tauchte auf an einen Wunsch, den letzten Wunsch meiner beiden, in der Blüte der Jahre dahingerafften Söhne.

      Es war an einem Sonntag im Oktober 1918; ich verbrachte den Nachmittag in der Familie meines ältern Sohnes in Kilchberg. Das gegenüberliegende Ufer entfaltete seine ganze tiefklare, sonnendurchsprühte Herbstpracht. Es war, als wollten alle Farben noch einmal in schöner, grosser Harmonie aufleuchten, bevor Novemberstürme sie zerstörten und verwehten. In diesem Aufstrahlen der Natur vor ihrem Vergehen schien die Seele meines Sohnes unbewusst ihr eigenes baldiges Scheiden zu ahnen. Ins Schauen versunken, meinte Hans: «Mutter, du hast einmal davon gesprochen, deine Lebenserinnerungen zu schreiben.» «Ach ja», erwiderte ich, «man sagt manchmal etwas, das nicht so ernst gemeint ist.» «Du solltest sie aber doch schreiben, Mutter; denn die heutige Generation der mächtig herangewachsenen sozialdemokratischen Partei hat keine Ahnung davon, unter welch schwierigen Verhältnissen die alten Vorkämpfer des Proletariats, zu denen auch unser verstorbener Vater gezählt hat, gerungen und wie viel Selbstlosigkeit und Opfersinn dazu gehörte, die Fahne stets hochzuhalten. Es wäre gut, ihr das einmal vor Augen zu führen. Mutter, versprich mir, deine Lebenserinnerungen zu schreiben!» Während ich zum Gelöbnis meine