In meiner Arbeit in der Hochschulgemeinde sowie vorher in der Pfarrgemeinde und bei den Begegnungen mit Passanten in der Kölner Innenstadt rund um den Dreh des Pro7-„Motzmobils“ sind mir da schon so manche Gründe geschildert worden. Hier die vier häufigsten:
1. Kirchliche Hindernisse
Was viele Menschen daran hindert zu glauben, ist oft kirchengemacht. Oder wie eine befreundete Theologieprofessorin mal in launiger Runde sagte: „der ganze Kirchen-Scheiß“. Rund um Kirche – in Geschichte wie in der Gegenwart – gibt es so viele Negativthemen, die Menschen schon von vornherein davon abhalten, den Gedanken an den christlichen Glauben ernst zu nehmen oder sich darauf näher einzulassen. Die „Klassiker“ sind: die Kirche und die Kreuzzüge, die Kirche und die Hexenverbrennungen und die Rolle der Kirche in Diktaturen. Dazu gesellen sich wiederkehrend die Dauerbrenner-Themen wie Zölibat, Sexualmoral, Männerkirche oder Kirchensteuer. Und die skandalösen Umstände rund um den Umgang der Kirche mit Fällen des Missbrauchs lassen viele buchstäblich vom Glauben abfallen. Nicht nur das, sie hindern sie, es auch neu mit dem Glauben zu versuchen. Wer will ihnen das verübeln? Schließlich haben einige richtig schlechte Erfahrungen mit dem „Bodenpersonal“ der Kirche gemacht, die vieles kaputtgemacht haben. Beispiele gibt es vielerorts genug und sind nicht von der Hand zu weisen: ein lieblos und unpersönlich gehaltener Beerdigungsgottesdienst für den nahestehenden Angehörigen (im schlimmsten Falle noch mit der Verwechslung des Namens), ein oberflächliches und unter Termindruck geführtes Taufgespräch, eine permanente Nicht-Erreichbarkeit des Pfarrbüros vor Ort („Servicewüste“ Kirche) und vieles mehr. Unter dem Strich könnte man sagen: Für viele ist die Kirche das größte Hindernis, nicht der Glaube an sich oder das Date mit Gott.
Was viele Menschen hindert zu glauben, ist oft kirchengemacht
2. Gottesbilder
Ein anderes Hindernis, das davon abhält zu glauben, kann mit dem Gottesbild zusammenhängen. Oder salopp ausgedrückt: das falsche Bild vom Dating-Partner.
Mich überrascht und irritiert es teilweise immer wieder, mit welchen Gottesvorstellungen eine große Anzahl von Christen herumläuft, allen voran viele junge Menschen, denen ich begegne. Diese Gottesbilder existieren sowohl als bloße Zuschreibungen an die Kirche („das glaubt ihr doch so“) als auch als tief liegende eigene Gottesbilder.
Weit verbreitete sind der strafende Gott, oder ein Gott, der wenigstens ein bisschen böse oder gar sadistisch ist. Eng damit verwandt ist der Überwacher-Gott, der jegliche Handlung genau registriert und der dann irgendwann mal die Menschen einteilen wird in Richtung Himmel oder Hölle. Auch das extreme Gegenteil kommt häufig vor: der „liebe Gott“, ein Gott, der wie ein harmloser, etwas seniler älterer Herr auf die Menschen schaut und dem letztlich alles ziemlich egal ist, was so auf der Erde passiert. Wie soll ich vor einem solchen Gott Respekt haben und Vertrauen aufbauen?
Und dann ist da noch der „Superman-Gott“, der in diese Welt und damit selbstverständlich auch in die Naturgesetze eingreifen kann, wann und wie immer er will. Auf derselben Stufe befindet sich der wörtlich und banal verstandene Schöpfer-Gott (abgeleitet aus Genesis 1), der die Welt in sieben oder ein paar mehr Tagen geschaffen hat.
An meiner ersten Priesterstelle waren in diesem Zusammenhang die Gespräche mit den Firmlingen zum Abschluss ihrer Vorbereitungszeit besonders aufschlussreich. Die Gespräche ähnelten sich sehr, etwa nach diesem Muster: „Ich glaube ja irgendwie an Gott, aber mir fällt es schwer zu glauben, dass Gott die Welt in sieben Tagen erschaffen hat. Da glaube ich eher den Naturwissenschaften. Und an die Hölle, da kann ich auch nicht so wirklich dran glauben.“ – Da habe ich mich schon gefragt, wie 15-jährige Gymnasiasten darauf kommen, dass sie in der Kirche in erster Linie an die Hölle oder an einen wörtlich verstandenen Schöpfungsbericht glauben müssten. Das kann doch eigentlich nicht an der Katechese und am Religionsunterricht liegen. Oder gibt es so etwas wie „vererbte“ religiöse Vorstellungen: Weil die Eltern dieses und jenes noch „glauben mussten“, muss ich das sicher auch? Oder werden vielleicht viele von folgendem Denkmuster geleitet: Weil „die“ Kirche in gewissen Bereichen so einen „Unsinn“ lehrt (Jugendliche würden hier wohl vor allem auf die Sexualmoral anspielen), trau ich ihr auch diese unaufgeklärte Gotteslehre zu.
Mir ist jedenfalls deutlich geworden, dass es zwei wiederkehrende Problemhorizonte gibt: Die Frage nach der Schöpfung (Was bedeutet: „Gott ist Schöpfer und Erschaffer der Welt“?) und die nach dem rechten Verständnis der biblischen Schriften. Gerade beim Thema „Bibel“ wird häufig gefragt: Wie soll ich eigentlich all die schrecklichen Texte des Alten und teilweise auch Neuen Testaments verstehen? Warum lässt Gott unzählige Menschen geradezu abschlachten? Was ist eigentlich historisch in der Bibel? Oder ist die Bibel nur ein religiöses Märchenbuch?
In Seelsorgegesprächen, bei Kondolenzbesuchen oder beim Krankenbesuch begegnet mir auch die Frage nach dem Eingreifen Gottes und in diesem Zusammenhang natürlich die nach dem (Bitt-) Gebet. Es scheint mir nach wie vor nicht hinterfragt zu werden, dass für die meisten Christen Gott so gedacht wird, als sei er in dem Sinne allmächtig, dass er jederzeit ins Weltgeschehen eingreifen könnte. Natürlich könne er Krankheiten heilen, mich vor Krebsdiagnosen bewahren und vieles mehr. Macht der Einzelne dann gegenläufige Erfahrungen, wird vielfach nicht etwa dieses Gottesverständnis infrage gestellt, sondern Gott und seine Existenz selbst. Die Frage nach dem Leid im Allgemeinen und warum Gott dieses zulasse, hindert viele Menschen daran, einen vertrauensvollen Schritt auf Gott zuzumachen, ganz nach dem Motto: „Wenn man ihn braucht, ist er ja doch nicht da…!“ Und dieser Aspekt leitet schon über zum nächsten Grund.
3. Enttäuschung über Gott
Hier gibt es wieder eine Analogie zur zwischenmenschlichen Ebene: Von einem Partner oder einer Partnerin kann man enttäuscht sein bzw. werden. Einige haben vielleicht versucht, sich auf Gott einzulassen, wollten ihn näher kennenlernen, aber es „funkte“ und „knisterte“ nicht. Oder das Feuer des Anfangs verflog schnell. Manche sagen mir: „Es kommt ja eh nichts zurück von Gott; ich bete und rede mit ihm, aber er schweigt. Er will nichts mit mir zu tun haben.“ Andere stoßen sich an der Unsichtbarkeit Gottes: „Wie soll ich jemanden kennenlernen, den ich nicht sehe oder berühren kann? Ist das nicht alles Einbildung?“ Letztlich gibt es auch ganz konkrete Situationen, die einige dazu bewegen, sich enttäuscht von Gott abzuwenden und keinen neuen Anlauf mehr in seine Richtung unternehmen wollen. Vor allem wenn jemand sich ungerecht von Gott behandelt oder im Stich gelassen fühlt. Ein älterer Mann hat mir einmal gesagt: „Ich war mein ganzes Leben ein frommer Mann, habe viel gebetet und meine Kinder im Glauben erzogen. Und heute will keines meiner Kinder mehr etwas mit dem Glauben zu tun haben. Meine Frau ist kürzlich an einer Krankheit verstorben und ich selbst kann kaum noch gehen. Warum hat mich Gott verlassen und mir einen solchen Lebensabend beschert? Ich kann seit Monaten nicht mehr beten oder in die Kirche gehen.“
Enttäuscht von Gott zu sein, ist ein harter Brocken, weil Enttäuschungen sich tief in uns festsetzen können und weil wir alle große Angst vor ihnen haben. Ist Gott nicht besser als mein Freund oder mein Verwandter, der mich kürzlich arg enttäuscht hat? Enttäuschung und Zweifel liegen hier eng beieinander.
Bleibt noch die letzte Kategorie der Hindernisse, die für mich die größte Herausforderung darstellen.
4. Kein Interesse
Kurz gesagt: In der Beschäftigung mit Gott oder dem Glauben sehen viele einfach keine Notwendigkeit. „Ich habe einfach kein Interesse an einem Date mit Gott. Das Ganze ist mir egal. Ich habe genug anderes zu tun und im Übrigen geht es mir ohne Gott ganz gut.“
Eine solche Haltung begegnet mir in vielen Traugesprächen, wenn der eine Partner mit dem Glauben verbunden ist,