Janosch
Löwenzahn und Seidenpfote
Diese Geschichte handelt von zwei Mäusen, die so gerne Kinder bekommen wollten. Sie wussten auch schon genau, wie ihre Kinder werden sollten. Als sie dann Kinder bekamen, kam aber alles ganz anders, als die Eltern es wollten. Und jetzt fängt die Geschichte an:
Impressum
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© 2014 Janosch film & medien AG, Berlin
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ISBN: 978-3-9815925-8-0
Löwenzahn und Seidenpfote
Die Maus und der Mauser in der Kaffeekanne und was ihnen zum Glück noch fehlt
Es waren einmal eine Maus und ein Mauser, die waren zusammen verheiratet und wohnten in einer gemütlichen Kaffeekanne am Wiesenrand beim Blaubeerwald. Vorn hatten sie auch einen kleinen Garten.
Es ging ihnen gut.
Sie hatten alles, was das Herz begehrt.
Sie hatten genug zu essen, denn in der Nähe war ein großes Kornfeld. Sie hatten genügend Nüsse für den Winter, denn in der Nähe war ein großer Nussbaum.
Sie hatten mehr Holz zum Heizen, als sie tragen konnten, denn im Blaubeerwald wuchsen tausend und über tausend Bäume, jeder so dick, dass dreihundert Mäuse nicht einen einzigen hätten umfassen können.
Dreihundert zusammen nebeneinander, klar.
Kurzum, es fehlte ihnen nichts.
Da sagte eines Tages die Maus:
»Wir haben alles, was das Herz begehrt, Mauser. Aber weißt du, was uns zum Glück noch fehlt?«
»Ja«, sagte der Mauser.
»Was denn?«
»Kinder.«
Und das stimmte. Denn immer, wenn der Mauser so allein in seinem Garten die Blumen sägte und die Arbeit ihm nicht mehr so recht von der Pfote ging, dachte er:
»Wer einen Sohn hat, ist gut dran. Denn so ein kräftiger Bursche kann die Säge am anderen Ende packen und schon ist die Arbeit nur halb so schwer.
Und noch besser ist dran, wer zwei Söhne hat.
Da kann der zweite Sohn die Säge nämlich am anderen Ende packen und der Vater kann sich ins Gras setzen und in Ruhe seine Pfeife schmaucheln. Ach ja!«
Ach ja, aber er hatte keinen Sohn.
Und zwei erst recht nicht.
Oder wenn er in der Ferne den frechen Fuchs über das Feld traben sah, dann drohte er ihm von weitem mit der Faust und brüllte hinter ihm her:
»Du Lump! Warte nur, wenn ich Söhne hätte. Die würden dir schon heimleuchten und dir den Bart barbieren. Aber ohne Seife und Handtuch! Die würden dich von der Erde pusten, dass du bis Hannover fliegst.
Und zwar ohne Flugzeug, du Zwerg!«
Nicht viel anders erging es der Maus. Wenn sie abends unter der Lampe ihr Kleid flickte und mit den Augen nicht mehr so recht sehen konnte, sagte sie zum Mauser:
»Wer eine Tochter hat, ist gut dran, Mann. Denn so ein fleißiges Mädel kann der Mutter den Faden ins Nadelöhr fädeln mit ihren scharfen Äuglein und ihr beim Nähen helfen mit ihrer weichen Seidenpfote. Und die Mutter kann sich in den Sessel setzen und in Ruhe die Zeitung lesen. Ach ja!«
Ach ja, aber sie hatten keine Tochter.
»Wir sollten eine Tochter bekommen, Mauser«, sagte die Maus.
»Nein«, sagte der Mauser, »besser einen Sohn.«
»Nein, nein, eine Tochter.«
»Einen Sohn.«
»Tochter.«
»Sohn.«
Und so zankten sie sich hin und her, der Sommer verging und sie bekamen überhaupt kein Kind.
Das kommt davon.
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