POLITIK
OHNE GOTT
Wie viel Religion verträgt Demokratie?
Herausgegeben von
Stefana Sabin und Helmut Ortner
© 2014 zu Klampen Verlag · Röse 21 · D-31832 Springe
[email protected] · www.zuklampen.de
Umschlaggestaltung: Rudolf Blazek · Frankfurt/Main,
Satz: thielenVERLAGSBUERO · Hannover
1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2015
ISBN 978-3-86674-378-6
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
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Daten sind im Internet über ‹http://dnb.d-nb.de› abrufbar.
Inhalt
STEFANA SABIN UND HELMUT ORTNER
Kirche, Staat und die Privatsphäre Eine Vorrede
DETLEV CLAUSSEN
Missglückte Säkularisierung Neue Religiosität mit Zukunft
EVELYN FINGER
Das elfte Gebot Über Religion lässt sich in der Demokratie gut streiten
RUPERT VON PLOTTNITZ
Die angstvolle Neutralität Grundgesetz und Rechtsprechung in der Bundesrepublik
DIRK KURBJUWEIT
Friede den Wehr-Christen Warum Religionen Spott ertragen müssen
RONALD FUNKE
Programm mit Gottes Segen? Die Rolle der Kirchen in den öffentlich-rechtlichen Medien
TORSTEN BULTMANN
Kirche in der Schule Religionsunterricht und Religionsfreiheit
GERD LÜDEMANN
Theologie zwischen freier Wissenschaft und religiöser Vorgabe Ein Erfahrungsbericht
INGRID MATTHÄUS-MAIER
Der sogenannte Dritte Weg Die Kirche als Arbeitgeber
CARSTEN FRERK
Den Seinen gibt’s der Herr vom Staat Über Kirchensteuer, Dotationen und »konsensuale Gespräche«
RALPH GHADBAN
Al-islam dîn wa dawla Islamische Lebensform und säkularer Staat
WOLFGANG KLOTZ
Mit Hammer, Sichel und Kreuz Religion, Nation, Kirche, Staat in Mittel- und Südosteuropa
MATTHIAS RÜB
Mit Gott und Schwert Barack Obama und das Ende von Amerikas Freiheitsmission
MOSHE ZUCKERMANN
Staatskirche – Kirchenstaat Jüdische Religion in Israel
OTTO KALLSCHEUER
Politik ohne Gott? Eine Fortschrittsutopie von gestern
ANHANG
JOHANN-ALBRECHT HAUPT
Die Privilegien der Kirchen (Auszug aus dem Gesetzbuch)
STEFANA SABIN UND HELMUT ORTNER
Kirche, Staat und die Privatsphäre
Eine Vorrede
Demokratien sehen die Trennung von Staat und Kirche vor und garantieren zugleich die Freiheit der Religionsausübung; sie erkennen die religiöse Vielfalt an und bemühen sich – nicht zuletzt durch staatliche Maßnahmen – den gesellschaftlichen Zusammenhalt über religiöse Grenzen hinweg zu erhalten und zu schützen.
Hierzulande darf niemand wegen seines Glaubens diskriminiert werden. Deutschland versteht sich als eine pluralistische, also multiethnische und multireligiöse Gesellschaft. Gläubige, Andersgläubige und Ungläubige müssen miteinander auskommen. Alle dürfen glauben, niemand muss. Religionsfreiheit bedeutet Glaubensfreiheit ebenso wie die Freiheit, nicht zu glauben. Auch deshalb ist der Glaube – welcher auch immer! – keine öffentliche Angelegenheit, sondern gehört zur Privatsphäre, die ihrerseits geschützt ist. Schon Jesus hatte die Privatheit gepredigt: »Wenn ihr betet, macht es nicht wie die Heuchler. Sie stellen sich beim Gebet gern in die Synagogen und an die Straßenecken, damit sie von den Leuten gesehen werden. Amen, das sage ich euch: Sie haben ihren Lohn bereits erhalten. Du aber geh in deine Kammer, wenn du betest, und schließ die Tür zu.« (Matthäus 6 : 5 – 6. Einheitsübersetzung)
Die aufklärerische Säkularisierung hatte den Glauben zur Privatsache gemacht und die Kirche aus öffentlichen Angelegenheiten weitgehend hinausgedrängt. Aber die erst vor kurzem geführte Debatte um die Einbeziehung christlicher Werte in die Europäische Verfassung zeigt, wie gefährdet die säkulare Gesellschaft ist. Auch in demokratischen Ländern fordern Religionsgemeinschaften wieder mehr politischen und gesellschaftlichen Einfluss, zum Beispiel auf die Gesundheits-, Schul- und Medienpolitik, und Streit flackert auf, wenn es um das Tragen des traditionellen muslimischen Kopftuchs oder das Einhalten von religiösen Ritualen wie der Beschneidung geht. Solche Auseinandersetzungen zeigen immer wieder, wie instabil die säkulare Realität der Gesellschaft tatsächlich ist.
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