FÜR ERIK UND LEIF
SKALBARD ODINSON
DIE SAGA VON
WITTE WITTESSON
UND ANDERE WIKINGERLEGENDEN
EDITION ROTER DRACHE
1. Auflage März 2017
Copyright © 2016 by Edition Roter Drache
Edition Roter Drache, Haufeld 1, 07407 Remda-Teichel.
email: [email protected]; www.roterdrache.org
Buchgestaltung: Eny Tabea Menzel
Titelbild: Fire from the Fens © by Chris Collingwood
Lektorat: Sarah Bräunlich
Gesamtherstellung: Book Press
E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH 2018
Alle Rechte der Verbreitung in deutscher Sprache und der Übersetzung, auch durch Film, Funk und Fernsehen, fotomechanische Wiedergabe, Ton- und Datenträger jeder Art und auszugsweisen Nachdrucks sind vorbehalten.
ISBN 978-3-944180-92-2
INHALT
1. Die Saga von Gunnar Stierkopf
3. Die Saga von Witte Wittesson
6. Die Saga von Witte Wittesson
9. Die Saga von Witte Wittesson
1.
DIE SAGA VON GUNNAR STIERKOPF
Gunnar Thorfasson war der Jarl einer recht ansehnlichen Siedlung in Schonen, die genau an der Stelle gegründet wurde, an der ein breiter Fluss in die mächtige Ostsee mündete.
Jeder Händler der sich auf dem Weg in das dahinter liegende Binnenland begab, musste zwangsläufig bei Gunnar halt machen, und so war der Jarl und seine Siedlung durch viele Winter hinweg zu Reichtum und Einfluss gekommen.
Gunnars größter Schatz, den er hütete wie ein Drache seinen Hort, war allerdings seine Tochter Dotta. Blond wie ein Weizenfeld im Herbst, mit Augen so blau wie ein frischer Frühlingsmorgen, Haut so weiß wie die schneebedeckten Felder im Winter und ein Herz so warm wie ein heißer Sommertag.
Kein Mann konnte sie erblicken ohne sofort ein heißes und inniges Verlangen nach ihr zu verspüren. Selbst viele Stunden später hatten sie noch Dottas liebreizendes Gesicht vor Augen, und so schliefen in keiner anderen Siedlung Midgards so viele Männer am Abend mit einem glücklichen Lächeln auf den Lippen ein wie in dieser – so wie auch in keiner anderen Siedlung so viele Männer im Schlaf von ihren Weibern ermordet wurden.
Dotta allerdings hatte für keinen anderen Mann Augen als für Eskil Vidkuunson, den Sohn eines wohlhabenden Hofbesitzers aus dem Binnenland, der oft in die Siedlung kam, um Vieh zu verkaufen oder andere Waren einzukaufen.
Eskil, nachdem er ihre Blicke bemerkt hatte, fand immer wieder Möglichkeiten, mit ihr ins Gespräch zu kommen, und bald gestanden sie sich ihre Liebe und trafen sich heimlich an stillen versteckten Orten weit weg vom geschäftigen Treiben des Marktplatzes. Immer öfter kamen sie zusammen und schließlich nahm Eskil fast täglich den langen Weg vom Hof seines Vaters zu Gunnars Siedlung in Kauf, um seine Angebetete für einen kurzen Augenblick sehen zu dürfen. Nicht lange und es reifte in Eskil der verständliche Wunsch, Gunnar um die Hand seiner Tochter zu bitten und sie für immer mit auf seinen Hof zu nehmen. Dotta, die wusste, dass ihr Vater anderes im Sinne hatte und sich wünschte, seine Tochter einem mächtigen Mann, vielleicht sogar dem König selbst, zum Weibe zu geben, bat ihn, sich zu gedulden, bis der richtige Zeitpunkt gekommen war – obwohl sie in ihrem Herzen wusste, dass dies wohl nie der Fall sein würde. Und so lag immer ein trauriger Schatten auf ihrem Gesicht, wenn Eskil sie am Abend verließ, um alleine auf seinen Hof zurückzukehren.
Und auch Eskil bemerkte diesen Schatten und schalte sich jede Nacht dafür, seiner Geliebten einen solchen Schmerz zu bereiten. Eines Tages konnte es Eskil nicht mehr länger ertragen und er nahm all seinen Mut zusammen und betrat Gunnars Halle, um sein Ansinnen vorzutragen.
Gunnar und die freien Männer der Siedlung hatten an diesem Abend dem Met und Bier sehr zugesagt und die Halle erzitterte von ihrem grölenden Gelächter über so manch derben Spaß.
Der Jarl, der am leicht erhobenen Kopfende der Halle auf seinem Hochstuhl saß, schien der trinkfesteste unter all seinen Gefährten zu sein und ließ sein Trinkhorn schneller und öfters nachfüllen als jeder andere.
Dennoch ließ sich Eskil nicht beirren und bahnte sich zielstrebig einen Weg zwischen und teilweise über den berauschten Männern hindurch, bis er direkt vor Gunnar stand.
Als der Jarl ihn mit seinen glasigen Augen entdeckte, erhob er sich schwankend von seinem Hochstuhl und brüllte über den Lärm seiner Männer hinweg: „Schweigt, meine Freunde! Seht ihr denn nicht, dass dieser junge Mann den Rat seines Jarls erbitten möchte?!“
„Nun, eigentlich ist es kein Rat, den ich suche“, begann Eskil verlegen, als die Männer zu Ruhe gekommen waren und ihn neugierig anstarrten. „Mein Name ist Eskil, Vidkunn’s Sohn, aus dem Hinterland, und ich bitte dich, gib mir deine