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mit mir ins Bett gehen?“ – gesehen habe, muss ich sagen, dass der Unterschied zwischen Wirklichkeit und Fiktion größer nicht hätte sein können.

      In Wirklichkeit sind Morrison und ich uns in meinem Büro bei Elektra in Los Angeles begegnet, und er fuhr in seinem Leihwagen hinter mir her zum Castle. Morrison ging in die Küche. Nico war bereits da, und die beiden begannen ein­ander zu umkreisen. Dann starrten sie auf den Boden,und keiner von beiden sagte einen Ton. Sie waren beide zu poetisch, um in einem solchen Moment irgendwas zu sagen. Es war etwas sehr Langweiliges, Poetisches und Ruhiges, was sich zwi­schen den beiden abspielte. Sie haben auf Anhieb einen mystischen Pakt mitein­ander geschlossen – ich glaube, Morrison zog an Nicos Haaren und fing dann an, sich fürchterlich zu betrinken, und ich fütterte ihn mit allem, was von meinem Drogenvorrat noch übrig war und was Edie Sedgwick mir noch nicht geklaut hatte.

      Damals bin ich nie ohne mein gut bestücktes Drogenköfferchen gereist. Mein Vater war Arzt, so hatte ich Zugriff auf Reds, Yellows, Blacks, Tuinal – auf alles, was das Herz begehrt. Seit ich allerdings in New York mit Edie zusam­menwohnte, wurde mir sehr schnell bewusst, was für eine raffinierte Klepto­manin sie war, besonders, wenn es um Drogen ging. Edie hatte einfach einen unbestechlichen Riecher für rezeptpflichtige Drogen. Also habe ich mich, sobald ich das Castle betrat und wusste, dass mir Edie den Rücken zukehrte – sie stand mit Dino Valenti in der Auffahrt und gab ihm Abschiedsküsse –, nach oben ver­zogen und meine Drogenvorräte sorgfältig an einem, wie ich annahm, sicheren Ort versteckt, nämlich unter einer Doppelmatratze im hinteren Zimmer.

      Als ich später nachschauen ging, waren die Vorräte, wie nicht anders zu erwarten, natürlich enorm geschrumpft. Edie hatte alles entdeckt. Also nahm ich das bisschen Acid, das sie mir noch übrig gelassen hatte, und gab es Morri­son. Innerhalb kürzester Zeit war er stoned und stockbesoffen, wollte aber unbedingt mit dem Auto wegfahren.

      Also zog ich den Schlüssel aus dem Zündschloss und versteckte ihn unter der Fußmatte in seinem Wagen. Ich hatte Angst, er würde in seinem besoffenen Zustand Auto fahren und sich womöglich über eine Klippe zu Tode stürzen und dass ich meinen Job bei Elektra los wäre. Immerhin wurde ich von Elektra bezahlt, und es hätte keinen guten Eindruck gemacht, den Leadsänger zu verlieren, weil ein Firmenangehöriger ihn mit Drogen voll gepumpt hat.Also kidnappte ich ihn.

      Da es im Castle kein Telefon gab, saß er praktisch in der Falle. Morrison wusste, dass ich ihm die Schlüssel weggenommen hatte, aber er war so stoned … und ich bin dann irgendwann ins Bett.

      Kaum war ich eingeschlafen, kam Nico in mein Zimmer gestürmt und schrie: „Hilfe, er will mich umbringen! Er will mich umbringen!“

      Ich sagte: „Au, Nico, lass mich doch in Ruhe! Ich versuche zu schlafen!“

      Sie schluchzte. Sie verließ mein Zimmer, und dann hörte ich sie schreien. Ich schaute aus dem Fenster auf den Innenhof und sah, dass Morrison sie nur an den Haaren riss, und ging wieder ins Bett. Dann kam David Numan, der ebenfalls im Castle wohnte, in mein Zimmer gestürmt und rief: „Nun unter­nimm doch mal was!“

      Ich bin dann also wieder aus dem Bett. Nico stand in der Auffahrt und heulte immer noch, während Morrison im Mondschein splitternackt auf den Dächern rumturnte. Er sprang von einem Ecktürmchen zum anderen, während Nico unten heulte.

      Ich legte mich wieder ins Bett, und die Lage der Dinge war: Er zog sie an den Haaren, er rannte nackt in der Gegend rum, sie schrie wie am Spieß, und ich habe für ein oder zwei Tage seinen Autoschlüssel versteckt, während er sich von seinem Drogenexzess erholte.

      Selbstverständlich hasste er mich von dem Moment an, als ich ihn gekid­nappt hatte.

      Nico: Ich stritt mit Jim. Er fragte mich, ob ich mit ihm auf dem Dach des Castle entlanglaufen würde. Ich fragte: „Wozu denn das?“ Aber Jim wusste keine Ant­wort.

      Das war kein positiver Akt und auch kein destruktiver; es änderte näm­lich überhaupt nichts. Warum sollte ich also etwas tun, was so dermaßen sinn­los war, einfach nur, um ihm zu folgen? Das war weder spirituell noch philo­sophisch. Er war nur ein betrunkener Mann, der sich produzierte.

      Ronnie Cutrone: Ich liebte Jim wirklich über alles, aber mit Jim durch die Bars zu ziehen war alles andere als lustig. Ich war mit ihm fast ein Jahr lang jeden Abend unterwegs. Wenn Jim ausging, lehnte er sich an die Theke, bestellte acht Screwdriver, schluckte sechs Tuinal, und dann musste er pissen. Weil er aber die restlichen fünf Screwdriver nicht einfach so stehen lassen konnte, holte er sei­nen Schwanz raus und fing an zu pissen, und dann kam auch schon ein Mäd­chen und blies ihm einen, und dann trank er die restlichen Screwdriver, nahm die übrigen vier Tuinal und pisste sich in die Hose, und dann kam Eric Emer­son und brachte ihn nachhause.

      Das war eine typische Nacht mit Jim. Wenn er aber auf Acid war, dann sprühte er vor Witz und war einfach großartig. Aber die meiste Zeit war er nichts weiter als ein lausiger Pillenfresser.

      Ray Manzarek: Jim war ein Schamane.

      Danny Fields: Jim Morrison war ein gefühlloses Arschloch, ein obszöner, gemeiner Typ. Ich habe Morrison mit ins Max’s genommen, und er hat sich auf­geführt wie ein Monster. Wie ein Schwein. Und seine Poesie war echt Scheiße. Er hat den Rock ’n’ Roll als Literatur erniedrigt. Langweiliges Scheißgebrab­bel. Vielleicht hatte er ein oder zwei gute Bilder.

      Patti Smith war eine Poetin. Ich glaube, sie hat den Rock ’n’ Roll zur Lite­ratur erhoben. Bob Dylan hat ihn zur Literatur erhoben. Morrison war dage­gen kein Poet. Das war nur Müll, der als Teeniescheiße verpackt daherkam. Das war vielleicht guter Rock ’n’ Roll für Vierzehnjährige.

      Ich denke, dass Morrison als Person wesentlich mehr Magie und Kraft hatte als seine ganze Poesie. Er war größer als das. Er hatte definitiv mehr Sex als seine Poesie – als Performer war er viel mysteriöser, viel komplizierter und viel cha­rismatischer. Es musste schon einen Grund dafür geben, weshalb Frauen wie Nico und Gloria Stavers, die Herausgeberin der Zeitschrift 16, so heftig in ihn verliebt waren, denn er war Frauen gegenüber immer extrem obszön.

      Aber das hatte ganz bestimmt nichts mit seiner Poesie zu tun. Nein, an sei­ner Poesie lag es bestimmt nicht. Er hatte einen großen Schwanz, und ich denke, das war der Grund.

      Gerard Malanga: Ich lief die Achte Straße entlang und hörte, wie zwei Mäd­chen hinter mir tuschelten.„Ist das nicht Jim Morrison?“ Hahaha. Ich hätte am liebsten gesagt: „Nein, dazu habe ich einen viel zu kantigen Kiefer.“ Ich fühlte mich ein wenig unterlegen, aber im Grunde war es mir wirklich egal.

      Danny Fields: Der ultimative Rockstar ist ein Kind. Wie kann man nicht von allem, was einem begegnet, verdorben werden? Was das Leben für die meisten Rockstars bereithält, ist im Grunde nichts als Verderbtheit, Herumgestoßen­werden, Ausbeutung, Verschleiß und Ruin. Und was passiert, wenn du Fett ansetzt, wie es Jim Morrison passierte? Dann siehst du nicht mehr hübsch aus in deinem Bühnenaufzug.

      Als Jim Morrison im Winter 1966 das erste Mal hier auftauchte, sah er rich­tig gut aus. Und auch 1967, als das erste Album erschien, sah er noch blendend aus. Da war er noch in Hochform. Ein Jahr später wurde er zum Teenageridol und legte plötzlich massiv an Gewicht zu. Seine Gene hatten leider die unan­genehme Eigenschaft, alles Gewicht in seine Backen zu verlagern, wodurch seine Augen, die sowieso nie sehr groß waren, fast komplett verschwanden. Dann ließ er sich einen Bart wachsen und wurde fett, alkoholabhängig und verschlampte.

      Deshalb dachte ich nur: Schickt mir jemand Neues. Serviert mir den Kopf von diesem hier auf einem Tablett. Schickt mir einen Neuen.

      KAPITEL 2: THE WORLD’S FORGOTTEN BOYS

      Ron Asheton: Mein jüngerer Bruder Scotty und unser Nachbar Dave Alexan­der waren durch und durch Punks. Ich war einfach nur ein verrückter Bengel. In der Schule war ich entweder der Vollidiot oder der Knallkopf oder der Freak, und irgendwann fingen sie sogar an, mich als „Fat Beatle“ zu beschimpfen, weil ich bei offiziellen Anlässen immer Anzüge wie die Beatles trug.

      Viele Freunde hatte ich nicht. Meistens habe ich mich mit irgendwelchem Nazizeug beschäftigt. Ich