Nr. 428
Die Stunde der Thunderbolts
Paladin-III im Einsatz – der Marsch durch den Höllensee
von WILLIAM VOLTZ
Auf Terra und den anderen Welten des Solaren Imperiums schreibt man Ende September des Jahres 3433. Etwa acht Wochen zuvor ist Perry Rhodan gemeinsam mit 22 Begleitern zu einem der riskantesten Unternehmen in der bisherigen Menschheitsgeschichte aufgebrochen.
Der nach den Plänen der Lapalisten von Geoffry Abel Waringer erbaute Nullzeitdeformator wurde in Betrieb genommen mit dem Versuch, ganze 200 Jahrtausende in die Vergangenheit einzudringen – denn nur dort, so vermutet man, dürfte sich das Geheimnis des Todessatelliten, der nach wie vor die Existenz der solaren Menschheit bedroht, ergründen lassen.
Die Zeitexpedition ist planmäßig gestartet – aber sie hat das angesteuerte Ziel nicht erreicht. Perry Rhodan und seine Begleiter sind in einer Zeit gelandet, die, vom Jahr 3433 gerechnet, 55.421 Jahre in der Vergangenheit liegt. Dort treffen sie auf die Lemurer, die Vorväter der Menschheit, und auf deren Gegner, die monströsen Präbios.
Die Zeitreisenden nehmen mit den Lemurern freundschaftlichen Kontakt auf. Sie helfen der Ersten Menschheit bei ihrem verzweifelten Kampf gegen die Horden der Monstren – und sie machen sich auf den Weg zur heiligen Insel, dem Standort der »Goldenen Spindel«, die den Weg durch die Zeit blockiert.
Die Mitglieder von Perry Rhodans Expedition bereiten den Sturm auf die Insel vor – und damit beginnt DIE STUNDE DER THUNDERBOLTS ...
Die Hauptpersonen des Romans
Perry Rhodan – Der Großadministrator ist mit seiner Expedition in der Vergangenheit gestrandet.
Gucky und Ras Tschubai – Der Mausbiber und der afroterranische Teleporter heizen Vulkane an.
Harl Dephin – General der USO und Kommandant des Thunderbolt-Teams.
Icho Tolot – Der Haluter betätigt sich als Rammbock.
Dr. Bhang Paczek – Der Hyperstruktur-Kalkulator begibt sich auf einen gefährlichen Spaziergang.
Lavas Rasony – Offizier und Scout von Olegaris.
Katalo Osonoton – Kommandant eines Luftschiffs.
1.
Dr. Multer Prest saß in der äußersten Ecke der Höhle und wartete vergeblich auf den Schlaf. Es war weniger der Lärm der Tiere als das untrügliche Gefühl für die sich anbahnende Entscheidung, das ihn am Einschlafen hinderte. Prest hörte die gleichmäßigen Atemzüge von Dr. Wentworth Gunnison, der vor drei Stunden zusammen mit Dr. Kenosa Bashra an Bord des einen Shifts eingetroffen war. Der zweite Shift war nur wenige Minuten später angekommen. Major Joak Cascal und Fellmer Lloyd hatten ihn gesteuert.
Prest blickte in Richtung des Höhlenausgangs. Die Strahlkraft des HÜ-Schirms um die Insel mitten im Asphaltsee reichte aus, um das Land in einem Umkreis von mehreren Quadratkilometern taghell zu beleuchten. Innerhalb der Höhle war es jedoch fast dunkel. Die Zeitreisenden hatten sich zusammen mit ihren lemurischen Begleitern in ein Höhlensystem zurückgezogen, das drei Kilometer vom Seeufer entfernt in einem vom Dschungel überwucherten Hügelzug lag. Hier hatte man auch das lemurische Luftschiff und die beiden Shifts untergebracht.
Prest wusste, dass in den anderen Höhlen noch diskutiert wurde. Einige Mitglieder der Zeitexpedition hatten vorgeschlagen, die Insel mit Transformwaffen anzugreifen. Dieser Vorschlag war von Rhodan und Atlan ebenso abgelehnt worden wie die Idee Dr. Paczeks, dieses Gebiet sofort zu verlassen. Eine Zerstörung der Insel durch Transformwaffen hätte Nachwirkungen auf den gesamten Kontinent nach sich gezogen. Das wollte Perry Rhodan unter allen Umständen vermeiden.
Im Höhleneingang tauchte die Silhouette einer menschlichen Gestalt auf. Prest hörte ein Rascheln. Er richtete sich auf und griff nach seinem Scheinwerfer. Er schaltete ihn ein. Im Lichtstrahl erkannte er Dr. Claudia Chabrol. »Befinden Sie sich auf der Flucht vor Major Cascal?«, erkundigte sich Prest mit gutmütigem Spott.
»Er schläft«, erwiderte sie. »Und dieser Zustand macht ihn fast sympathisch.«
Sie ließ sich an Prests Seite nieder. Der Kosmopsychologe schaltete das Licht aus und lehnte sich zurück. Er war neugierig, den Grund für Claudia Chabrols Erscheinen zu erfahren, aber er war auch gleichzeitig klug genug, nicht danach zu fragen.
Im Dschungel stieß ein Drokar seinen Jagdschrei aus. Prest fühlte, wie die Ärztin zusammenzuckte.
»Die intelligenten Präbios meiden dieses Gebiet«, sagte Prest. »Für sie ist es heiliges Land. Die Raubtiere dagegen machen keine Unterschiede. Sie dringen bis an die Ufer des Asphaltsees vor.«
»Professor Paczek hat heimlich die Nebenhöhle verlassen«, sagte Claudia Chabrol unvermittelt. »Ich habe ihn dabei beobachtet, wie er in Richtung des Sees davonschlich.«
Prest seufzte.
»Bang-Bang ist ein erwachsener Mensch. Es würde ihm sicher nicht gefallen, wenn wir ihm ein Kindermädchen nachschickten.«
Claudia Chabrol bewegte sich unruhig. Von draußen klang ein kratzendes Geräusch herein, als wollte ein großes Tier mit seinen Tatzen die Felsen entfernen, die rund um die Höhlen verteilt lagen.
»Perry Rhodan hat jeden davor gewarnt, die Höhlen während der Dunkelheit zu verlassen«, erinnerte Claudia.
Der Kosmopsychologe zuckte mit den Schultern.
»Dann sollten Sie zu Perry Rhodan gehen und ihm von Paczeks Verschwinden berichten. Haben Sie kein Vertrauen zu ihm?«
»Doch, natürlich. Aber darauf kommt es nicht an. Rhodan würde den Paladin oder die Mutanten auf die Suche nach Paczek schicken. Sie würden ihn schnell finden und zurückbringen.«
Prest nickte verstehend.
»Sie glauben, dass man Paczek etwas Zeit lassen sollte?«
»Ja.« Claudia nickte heftig. »Er hat seine Ausrüstung mitgenommen. Ich nehme an, dass er etwas herausfinden will.«
Prest starrte in Richtung des Eingangs.
»Das ist ein gefährliches Unternehmen für einen einzelnen Mann.«
»Er ist bewaffnet und trägt seine Spezialausrüstung.«
Prest antwortete nicht. Allmählich begriff er, worauf Claudia Chabrol hinauswollte. Die Ärztin rechnete damit, dass er gemeinsam mit ihr die Verfolgung des Hyperstruktur-Kalkulators übernehmen würde. Dabei kam es ihr weniger darauf an, Paczek zurückzurufen als herauszufinden, was der Wissenschaftler mit seinem nächtlichen Spaziergang beabsichtigte.
»Nein«, murmelte Prest. »Ich glaube nicht, dass wir ihm folgen sollten.«
»Davon habe ich nichts gesagt!«, entgegnete Claudia heftig.
Prest lachte geräuschlos und schwieg.
Nach einer Weile sagte die Ärztin: »Major Cascal würde mich sofort begleiten.«
»Davon bin ich überzeugt«, stimmte Prest zu.
Sie erhob sich ärgerlich und verließ die Höhle. Prest griff nach dem Scheinwerfer und ging ebenfalls hinaus. Die feuchtwarme Nachtluft roch nach Aas und faulendem Holz.
Prest blickte sich um. Auf der Lichtung gegenüber den Höhlen standen die beiden Shifts im Schutz ihrer HÜ-Schirme. Das Luftschiff der Lemurer befand sich auf einer Anhöhe, die für die Tiere des Dschungels und für die Präbios nur schwer erreichbar war. Es wurde