Funkensommer. Michaela Holzinger. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michaela Holzinger
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Книги для детей: прочее
Год издания: 0
isbn: 9783772540073
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      Michaela Holzinger

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      Verlag Freies Geistesleben

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       Prolog

       Herzbrennen

       Juniwind

       Johannihimmel

       Die Sichel

       Nebelfrau

       Fest der Mäuse

       Heiße Tage

       Wie Tag und Nacht

       Arbeiten, arbeiten

       Anfangen, und dann?

       Liebe überall

       Gewitternacht

       Funkenfeuer

       Regentropfen überall

       Bauernschlau

       Sprüche klopfen

       Unter dem Weißmond

       Funkenleuchten

       Sommerabschied

       Was mir wichtig ist zu sagen

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      «Weißt du», flüstert meine Freundin neben mir und sieht mich durchdringend an, «manchmal träume ich auch von der Moorhexe.»

      «Wirklich?», frage ich überrascht.

      Jelly nickt. «Dabei habe ich ein ganz bestimmtes Bild vor mir. Den Felsen am See. Darauf ein paar Klamotten. Schuhe. Hose. Eine Jacke … Ich weiß aber nicht, was es zu bedeuten hat. Warum dieses Bild immer wieder in meinem Kopf auftaucht …»

      Da kriecht eine noch viel eisigere Kälte in mir hoch, als ich anfange zu verstehen. Alles zu verstehen.

      «Ob ich verrückt werde?», will sie schließlich von mir wissen.

      «Nein», flüstere ich. «Das Gegenteil ist der Fall.»

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      Anfangs ist es immer nur ein Windhauch. So zart, dass er kaum etwas zu ändern vermag. Er kitzelt mich an den Haaren oder streift verheißungsvoll über meine Wangen. Damit ich nicht umkehre. Damit ich weitermache. Nach vorne presche.

      Und bald darauf wird er stärker. Er löst ein, was er versprochen hat. Aus dem Windhauch formt sich ein Luftzug. Aus dem Luftzug eine Brise. Eine Brise, die an Kraft gewinnt. An Tempo.

      Dadurch verändert sie alles. Denn sie ist wild und unberechenbar. Sie klatscht mir ins Gesicht. Und presst meine Nasenflügel zusammen, bis ich nach Luft schnappen muss. Mein Herz beginnt zu pochen. Ebenfalls im wilden und unberechenbaren Rhythmus. Bis meine Gedanken zu fliegen beginnen. Und schließlich verschwinden.

      Dann werde ich ruhig. Ich werde ruhig inmitten der tosenden Bewegung, die an meinen Kleidern rüttelt. Und mir die Haare ins Gesicht peitscht.

      Ich schmecke ihren Duft. Sie schmeckt nach Freiheit.

      Ich lausche ihrem Klang. Sie klingt nach Aufbruch.

      Während die kraftvollen Bewegungen unter mir weit ausholen. Und mich weiterbringen.

      Das ist auch der Grund, warum ich mich immer wieder in den Sattel schwinge. Weil es ein unglaubliches Gefühl ist. Weil die Luft da oben anders ist. Freier.

      Ich habe nämlich ein Pferd. Ein eigenes. Nur für mich allein. Das ist einer der wenigen Vorteile, wenn man auf einem Bauernhof lebt. Lanzelot, so heißt mein Pferd. Er ist ein brauner Wallach mit weißer Blesse. Seitdem ich in der Stadt zur Schule gehe, habe ich kaum noch Zeit für ihn. Ich will nämlich Matura machen. Auch wenn Papa meint, dass ich als Bäuerin keine Matura brauche. Ich schon. Ich weiß noch nicht, was ich später einmal werden will, aber die Matura will ich haben. Dann könnte ich vielleicht Tierärztin werden. Eine Tierärztin mit einem eigenen Bauernhof. Das wäre doch gut, oder? Oder doch nicht.

      Ich muss mich ja mit sechzehn noch nicht entscheiden müssen. Viel ist passiert in der letzten Zeit. Nicht nur wegen der Schule. Auch sonst irgendwie.

      Ein paar Schwalben ziehen über meinen Kopf hinweg und jagen den Mücken nach. Irgendwo brummt ein Mähdrescher. Der heiße Juniwind klebt an mir. An meinem Rücken, an meinen Händen, auf meiner Stirn. Und auch auf Lanzelot. Unruhig scharrt er mit den Hufen. Das Klappern von Papas alter Schubkarre macht ihn nervös. Und dann fangen auch noch die Schweine wie verrückt zu grunzen an, als die Schubkarre mit dem Futter in Richtung Freilaufstall angeschoben kommt. Von Papa. In Gummistiefeln und Latzhose. Die Schweine brüllen vor Begeisterung. Hunger, schreien sie. Oder: Futter. So genau kann man das nicht sagen. Auf alle Fälle machen hungrige Schweine einen Höllenlärm. Bis hinauf in den Himmel. Bis der Lärm explodiert. Und Lanzelot auch.

      Rasch stiefelt Papa zu mir und versucht, Lanzelot zu beruhigen, damit ich den Sattelgurt festziehen kann. Die Schweine protestieren.

      «Vergiss nicht Hannah, dass du nachher die Stallarbeit für uns fertig machen musst. Du weißt schon, wegen dem Fest!», schreit Papa. Das Schweine-Gebrüll ist ohrenbetäubend.

      Ich nicke. Lanzelot sabbert. Und wie. Weißer Schaum tropft aus seinem Maul und hinterlässt auf dem dunklen Asphalt eine bizarre Schaumwölkchenlandschaft.

      «Aha! Den sticht der Hafer», bemerkt Papa und lacht mich dabei total komisch an. «Ja, so ist das – der Wind an Sonnenwend macht alle verrückt. Stand das nicht auch heute im Bauernkalender?» Er überlegt. «Wie war das noch gleich: Bläst der Wind an Sonnenwend, das junge Herz vor Liebe brennt?!»

      In meinem Kopf fängt es zu rumoren an. Weiß Papa etwa Bescheid? Ich werde rot wie eine Tomate, oder vielleicht sogar wie zwei. Oder sogar wie Tomatensuppe.

      «Wir müssen jetzt los …», stammle ich und bin froh,