Magnetfeld der Tauben. Bettina Gugger. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Bettina Gugger
Издательство: Bookwire
Серия: Short Cuts
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783906037615
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wie Louisa meint. Die altmodische Sprache bereitet ihr noch Mühe. Oft notiert sie sich Ausdrücke in ein Notizheft, um ihre Bedeutung später zu ergoogeln.

      Noch ist Louisa nicht klar, dass Lesen den Geist weitet. Um in der Kunst des Unsichtbarseins zu brillieren, benötigt man ein waches Bewusstsein, was die Voraussetzung für die Bewusstseinserweiterung ist. Es genügt nicht, in Phantasie- und Parallelwelten einzutauchen und sie beschreiben zu können. Man muss sie auch miteinander in Verbindung setzen. Seinen Nutzen daraus ziehen. Sich seine eigene Hirnstruktur erschaffen, so wie ein Architekt ein Haus plant. «Und wir wollen ja nicht nur ein Haus, wir wollen einen Palazzo! Stell dir vor, du kommst als reiche Zuckerbäckerin von Italien zurück nach Rucol. Was für einen Tempel errichtest du dir? Du willst doch deine alten Schulfreunde beeindrucken!», lacht Henriette.

      Wenn Louisa schlechte Laune hat, gelingt es Henriette oft, ihre Schülerin mit ihren schlichten Anweisungen aus dem Schneckenhaus hervorzulocken. «Wo befindest du dich gerade? Im Keller oder in der Abstellkammer? Wenn ich dir einen Tipp geben darf: Nimm den Staubsauger aus der Abstellkammer und saug mal dein Kellerabteil. Ich bin sicher, wir werden dabei den einen oder anderen Juwel entdecken.» Wenn Louisa lacht, folgt meist eine Quintessenz wie: «Merk dir eins, meine Liebe: Egal wie schlecht es dir geht, sei aufmerksam.»

      In der zweiten Lektion betrachten sie jeweils grosse Werke der Kunstgeschichte, um zu verstehen, wie grosse Geister beobachten, auf was sie den Fokus legen und wie sie den Blick des Betrachters lenken. Die Übung dient dem Erkennen grosser Geister. Aber dafür besitzen sensible Menschen wie Louisa bereits in ganz jungen Jahren ein Gespür. «Du musst die blinden Flecken des Gegenübers kennen», erklärt Henriette. «In diesem Windschatten kannst du dich ohne grosse Anstrengung gut aufhalten. Es gibt aber eine einfache Grundregel: Um unsichtbar zu sein, muss deine Energie höher schwingen als die Energie des Gegenübers, das dich nicht entdecken soll.»

      Louisa macht sich während solcher Sitzungen jeweils fleissig Notizen, um dann wieder bei null anzufangen, so kommt es ihr oft vor. «Wie erhöhe ich denn meine Schwingung?», fragt sie leicht genervt.

      «Zum Beispiel mit Dostojewski», lacht Henriette. «Aber mach dir keine Sorgen. Ich habe das alles mit siebzehn auch noch nicht verstanden. Ich habe versucht, meine Jugend zu geniessen, und dabei viele Dummheiten gemacht. Nun bin ich zur Auffassung gelangt, dass nicht jede Dummheit zur Entwicklung gereicht. Also mögen meine Unterweisungen dazu dienen, deine Entwicklung auf dem einen oder anderen Gebiet ein bisschen zu beschleunigen. Aber die Schwingungserhöhung erfolgt ganz natürlich, wenn du das machst, was dir Spass macht, und die nötige Disziplin aufbringst, Hindernisse zu überwinden.»

      Louisa schaut Henriette neugierig an. «Was war denn deine grösste Dummheit?»

      Henriette überlegt lange.

      «Ich habe zu wenig gelesen», lacht Henriette. «Meine Zwanziger habe ich mit Alkohol und Männern verbracht.» Louisa schaut sie skeptisch an: «Wirklich?»

      «Ja, so was Dummes hättest du nicht erwartet, oder? Aber das ist auch eine Binsenwahrheit: Oft ist die abwegigste Annahme die Zutreffendste.»

      Louisa denkt nach. «Du meinst, dass beispielsweise meine Französischlehrerin eigentlich die französische Sprache hasst, so was?»

      «Ja, genau!», sagt Henriette. «Alleine, dass dir spontan dieser Gedanke kommt, ist ein Hinweis auf eine Diskrepanz, welche deine Lehrerin offenbar ausstrahlt. Möglicherweise ist deine Schlussfolgerung nicht ganz richtig, und sie hat einfach keinen Spass mehr am Unterrichten.»

      Louisa lacht: «Was ja auch durchaus nachvollziehbar ist.»

      «Nein», protestiert Henriette, «weisst du, wir dürfen es nicht gutheissen, wenn Leute Dinge tun, die ihnen keinen Spass mehr machen. Damit akzeptieren wir die Kakophonie! Und wenn du einen Auftrag zu erfüllen hast, Louisa, dann ist es der, gegen die Kakophonie vorzugehen!»

      Louisa notiert sich das Wort «Kakophonie.»

      «Komm», sagt Henriette, «für heute wollen wir Schluss machen.» Louisa streckt sich erleichtert. «Das Museum der Liebe eröffnet heute seine Tore. Lass uns dort hingehen.»

      «Super», klatscht Louisa begeistert. «Darf ich auch sichtbar sein?»

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