Helge Weichmann
Mörderjagd mit Elwetritsch
Kriminalroman
Zum Buch
Tritsch, Tritsch! Die Elwetritsche sind als Sagengestalten in der ganzen Pfalz bekannt, gesehen hat sie allerdings – Hand aufs Herz – noch niemand. Kommissar Marcel Bleibier, selbst Ur-Pfälzer, staunt deshalb nicht schlecht, als eines Tages eine waschechte Elwetritsch neben seiner Badewanne steht. Die Tritsch erweist sich als schlagfertig, verfressen und trinkfest. Bald schon hat der Kommissar die Nase voll von dem vorlauten Sagenvogel. Doch dann überschlagen sich die Ereignisse in dem Örtchen Grumberg an der Weinstraße: Ein Start-up stellt vegane Pfälzer Wurst her und bringt alle gegen sich auf, im Wald liegt ein erschossener Mann, ein nächtliches Feuer bricht aus, schließlich verschwinden auch noch Seiten aus einem historischen Kirchenbuch.
Mit Lewwerworscht, Rieslingschobbe und einer guten Portion Pfälzer Humor gehen Bleibier und die Elwetritsch an die Lösung des Falles. Dabei wird das ungleiche Duo auf eine harte Probe gestellt. Denn das Geheimnis, das sie enträtseln wollen, ist seit 100 Jahren tief im Pfälzerwald versteckt …
Helge Weichmann, Jahrgang 1972, ist gebürtiger Pfälzer und lebt seit mehr als 25 Jahren in der Diaspora in Rheinhessen. Während seines Studiums jobbte der promovierte Kulturgeograph als Musiker und Kameramann, bevor er sich als Filmemacher selbstständig machte. Heute betreibt er eine Medienagentur, arbeitet als Moderator und hat sich mit Mainzer Krimis einen Namen gemacht. Seine Heimat trägt er jedoch immer im Herzen, deshalb reifte die Idee, der wunderschönen Region zwischen Neustadt und der französischen Grenze ein Buch zu widmen. Herausgekommen ist eine aberwitzige Mörderjagd mit »sagenhafter« Elwetritsche-Unterstützung, bei der Kultur, gutes Essen und die berühmte Schlitzohrigkeit der Pfälzer nicht zu kurz kommen.
Bisherige Veröffentlichungen im Gmeiner-Verlag:
Schandflut (2019)
SOKO Ente (2019)
Schandfieber (2018)
Schandglocke (2017)
Schwarze Sonne Roter Hahn (2017)
Schandkreuz (2016)
Schandgold (2014)
Schandgrab (2013)
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© 2020 – Gmeiner-Verlag GmbH
Im Ehnried 5, 88605 Meßkirch
Telefon 0 75 75 / 20 95 - 0
Alle Rechte vorbehalten
2. Auflage 2020
Lektorat: Teresa Storkenmaier
Herstellung: Julia Franze
E-Book: Mirjam Hecht
Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart
unter Verwendung eines Fotos von: © Walter Rupp
ISBN 978-3-8392-6290-0
Haftungsausschluss
Personen, Elwetritsche und Handlung
sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen und Elwetritsche sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
DONNERSTAG
Der Tag, der Marcel Bleibiers Leben veränderte, war sonnig, mild und leicht, in der Luft lag der spezielle honigsüße Abendduft, den es nur in der Südpfalz gab. Bleibier wackelte mit den Zehen und schaute zu, wie im Badewasser kleine Wellen plätscherten, dann hob er seinen Blick und ließ ihn müßig über die Rheinebene schweifen. Die späten Sonnenstrahlen füllten das weite Land mit Licht, während sich hinter ihm die Bäume am Haardtrand dunkel färbten und die Nacht erahnen ließen.
Bleibiers Badewanne stand außerhalb des Hauses im Garten, dort, wo die Grundstücksgrenze in offene Wiesen und Weinberge überging und zur Ebene abfiel. Inspiriert hatte ihn die TV-Serie »Ein Colt für alle Fälle«, in der ein hartgesottener Kopfgeldjäger massenweise Autos zu Schrott fuhr. Ebenjener Colt Seavers wohnte in einer Blockhütte mit Badewanne davor, und in der Anfangssequenz der Serie gab es eine Einstellung, in der Colt entspannt und mit dicker Zigarre in seiner Open-Air-Wanne lag.
Diese Idee hatte Bleibier schon immer gefallen. Als sich die Rahmenbedingungen in seinem Leben nach und nach änderten – die Tochter aus dem Haus, Scheidung und Auszug seiner Frau – nutzte er eine anstehende Badsanierung und verfrachtete die Wanne kurzerhand nach draußen. Der Sanitärfachmann verlegte kopfschüttelnd Leitungen unter dem Radieschenbeet, seine Nachbarn erklärten ihn für bekloppt, aber das interessierte Bleibier nicht. Er genoss die müßigen Zeiten in seiner Colt-Seavers-Badewanne, wenngleich er statt der Zigarre lieber ein Dubbeglas in der Hand hielt.
Heute trank er schon den vierten Schoppen. Normalerweise beließ Bleibier es unter der Woche bei einer einzigen Rieslingschorle, wenn überhaupt, doch heute war der Abend zu schön, um erbsenzählerisch zu sein. Die milde Luft kondensierte am kalten Glas, Tropfen lieferten sich ein Wettrennen auf dem Weg nach unten, die Farbe des Weins hatte die gleiche goldene Nuance wie die abendglühende Rheinebene. Bleibier nickte versonnen. Ja, es stimmte, was die Pfälzer gerne erzählten: Wenn dem Herrgott jemals ein Stück Paradies auf die Erde gefallen sein sollte, dann war es hier gelandet, genau hier.
In diesem Augenblick sah er den Vogel. Nein, kein richtiger Vogel, sondern ein … ja, was eigentlich? Bleibier blinzelte. Das Wesen hatte die Größe eines Huhns, nun ja, eher eines stattlichen Hahns, und war entfernt vogelförmig. Sein Körper trug pelzige Federn, die in allen Farben schillerten, ohne sich auf eine bestimmte festzulegen. Die Beine waren kräftig, sie erinnerten an einen Hasen, endeten aber in platten Füßen nach Entenart. Zwei stämmige Flügel waren rechts und links an den Körper geklappt, weitere Federbüschel und ein absonderlicher Puschelschwanz schlossen sich hinten an. Am merkwürdigsten wirkte aber der Kopf, in die Breite gezogen und mit einem stabilen grünen Schnabel versehen. Darüber saßen zwei hervorstehende Augen, groß und rund, zwei löffelförmige Ohren und ein winziges Geweih mit kecken Spitzen.
Das Wesen saß einige Schritte von der Badewanne entfernt zwischen einem Buchsbaum und dem Salatbeet, es hielt den Kopf schräg und rührte sich nicht. Bleibier schaute vom Dubbeglas zum Vogeltier und wieder zurück. Halluzinierte er? Stimmte mit dem Wein etwas nicht? Er horchte auf seinen Magen, auf ein verräterisches Grummeln, doch nein, der Riesling von Winzer Ansgar war verträglich wie immer. Vorsichtig peilte Bleibier über den Wannenrand. Das Geschöpf hockte unverändert da, der leichte Abendwind zauste seine Pelzfedern, es rührte sich nicht, die runden Augen starrten unverwandt auf den Mann in der Badewanne. Bleibier plätscherte leicht mit der Hand im Wasser, er wusste selbst nicht so recht, warum, vielleicht wollte er in dieser absurden Situation einfach ein beruhigend normales Geräusch hören.
Noch immer bewegte sich das Wesen keinen Millimeter. Bleibier