Reineke Fuchs. Johann Wolfgang von Goethe. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Johann Wolfgang von Goethe
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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ng von Goethe

      Reineke Fuchs

      Erster Gesang

        Pfingsten, das liebliche Fest, war gekommen! es grünten und blühten

        Feld und Wald; auf Hügeln und Höhn, in Büschen und Hecken

        Übten ein fröhliches Lied die neuermunterten Vögel;

        Jede Wiese sproßte von Blumen in duftenden Gründen,

        Festlich heiter glänzte der Himmel und farbig die Erde.

        Nobel, der König, versammelt den Hof; und seine Vasallen

        Eilen gerufen herbei mit großem Gepränge; da kommen

        Viele stolze Gesellen von allen Seiten und Enden,

        Lütke, der Kranich, und Markart, der Häher, und alle die Besten.

        Denn der König gedenkt mit allen seinen Baronen

        Hof zu halten in Feier und Pracht; er läßt sie berufen

        Alle miteinander, so gut die Großen als Kleinen.

        Niemand sollte fehlen! und dennoch fehlte der Eine,

        Reineke Fuchs, der Schelm! der viel begangenen Frevels

        Halben des Hofs sich enthielt. So scheuet das böse Gewissen

        Licht und Tag, es scheute der Fuchs die versammelten Herren.

        Alle hatten zu klagen, er hatte sie alle beleidigt,

        Und nur Grimbart, den Dachs, den Sohn des Bruders, verschont' er.

        Isegrim aber, der Wolf, begann die Klage; von allen

        Seinen Vettern und Gönnern, von allen Freunden begleitet,

        Trat er vor den König und sprach die gerichtlichen Worte:

        Gnädigster König und Herr! vernehmet meine Beschwerden.

        Edel seid Ihr und groß und ehrenvoll, jedem erzeigt Ihr

        Recht und Gnade: so laßt Euch denn auch des Schadens erbarmen,

        Den ich von Reineke Fuchs mit großer Schande gelitten.

        Aber vor allen Dingen erbarmt Euch, daß er mein Weib so

        Freventlich öfters verhöhnt und meine Kinder verletzt hat.

        Ach! er hat sie mit Unrat besudelt, mit ätzendem Unflat,

        Daß mir zu Hause noch drei in bittrer Blindheit sich quälen.

        Zwar ist alle der Frevel schon lange zur Sprache gekommen,

        Ja, ein Tag war gesetzt, zu schlichten solche Beschwerden;

        Er erbot sich zum Eide, doch bald besann er sich anders

        Und entwischte behend nach seiner Feste. Das wissen

        Alle Männer zu wohl, die hier und neben mir stehen.

        Herr! ich könnte die Drangsal, die mir der Bube bereitet,

        Nicht mit eilenden Worten in vielen Wochen erzählen.

        Würde die Leinwand von Gent, so viel auch ihrer gemacht wird,

        Alle zu Pergament, sie faßte die Streiche nicht alle,

        Und ich schweige davon. Doch meines Weibes Entehrung

        Frißt mir das Herz; ich räche sie auch, es werde, was wolle.

        Als nun Isegrim so mit traurigem Mute gesprochen,

        Trat ein Hündchen hervor, hieß Wackerlos, redte französisch

        Vor dem König: wie arm es gewesen und nichts ihm geblieben

        Als ein Stückchen Wurst in einem Wintergebüsche;

        Reineke hab auch das ihm genommen! Jetzt sprang auch der Kater

        Hinze zornig hervor und sprach: Erhabner Gebieter,

        Niemand beschwere sich mehr, daß ihm der Bösewicht schade,

        Denn der König allein! Ich sag Euch, in dieser Gesellschaft

        Ist hier niemand, jung oder alt, er fürchtet den Frevler

        Mehr als Euch! Doch Wackerlos' Klage will wenig bedeuten.

        Schon sind Jahre vorbei, seit diese Händel geschehen;

        Mir gehörte die Wurst! ich sollte mich damals beschweren.

        Jagen war ich gegangen; auf meinem Wege durchsucht ich

        Eine Mühle zu Nacht; es schlief die Müllerin; sachte

        Nahm ich ein Würstchen, ich will es gestehn; doch hatte zu dieser

        Wackerlos irgendein Recht, so dankt' ers meiner Bemühung.

        Und der Panther begann: Was helfen Klagen und Worte!

        Wenig richten sie aus, genug, das übel ist ruchtbar.

        Er ist ein Dieb, ein Mörder! Ich darf es kühnlich behaupten,

        Ja, es wissens die Herren, er übet jeglichen Frevel.

        Möchten doch alle die Edlen, ja selbst der erhabene König

        Gut und Ehre verlieren: er lachte, gewänn er nur etwa

        Einen Bissen dabei von einem fetten Kapaune.

        Laßt Euch erzählen, wie er so übel an Lampen, dem Hasen,

        Gestern tat; hier steht er! der Mann, der keinen verletzte.

        Reineke stellte sich fromm und wollt ihn allerlei Weisen

        Kürzlich lehren, und was zum Kaplan noch weiter gehöret,

        Und sie setzten sich gegeneinander, begannen das Kredo.

        Aber Reineke konnte die alten Tücken nicht lassen;

        Innerhalb unsers Königes Fried und freiem Geleite

        Hielt er Lampen gefaßt mit seinen Klauen und zerrte

        Tückisch den redlichen Mann. Ich kam die Straße gegangen,

        Hörte beider Gesang, der, kaum begonnen, schon wieder

        Endete. Horchend wundert ich mich, doch als ich hinzukam,

        Kannt ich Reineken stracks, er hatte Lampen beim Kragen;

        Ja, er hätt ihm gewiß das Leben genommen, wofern ich

        Nicht zum Glücke des Wegs gekommen wäre. Da steht er!

        Seht die Wunden an ihm, dem frommen Manne, den keiner

        Zu beleidigen denkt. Und will es unser Gebieter,

        Wollt ihr Herren es leiden, daß so des Königes Friede,

        Sein Geleit und Brief von einem Diebe verhöhnt wird,

        O, so wird der König und seine Kinder noch späten

        Vorwurf hören von Leuten, die Recht und Gerechtigkeit lieben.

        Isegrim sagte darauf. So wird es bleiben, und leider

        Wird uns Reineke nie was Gutes erzeigen. O! läg er

        Lange tot, das wäre das beste für friedliche Leute;

        Aber wird ihm diesmal verziehn, so wird er in kurzem

        Etliche kühnlich berücken, die nun es am wenigsten glauben.

        Reinekens Neffe, der Dachs, nahm jetzt die Rede, und mutig

        Sprach er zu Reinekens Bestem, so falsch auch dieser bekannt war.

        Alt und wahr, Herr Isegrim! sagt' er, beweist sich das Sprichwort:

        Feindes Mund frommt selten. So hat auch wahrlich mein Oheim

        Eurer Worte sich nicht zu getrösten. Doch ist es ein leichtes.

        Wär er hier am Hofe so gut als Ihr, und erfreut' er

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