Faust. Johann Wolfgang von Goethe. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Johann Wolfgang von Goethe
Издательство: Public Domain
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Жанр произведения: Зарубежная классика
Год издания: 0
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      Johann Wolfgang von Goethe

      FAUST

      Zueignung

      Ihr naht euch wieder, schwankende Gestalten!

      Die früh sich einst dem trüben Blick gezeigt.

      Versuch’ ich wohl euch diesmal fest zu halten?

      Fühl’ ich mein Herz noch jenem Wahn geneigt?

      Ihr drängt euch zu! nun gut, so mögt ihr walten,

      Wie ihr aus Dunst und Nebel um mich steigt;

      Mein Busen fühlt sich jugendlich erschüttert

      Vom Zauberhauch der euren Zug umwittert.

      Ihr bringt mit euch die Bilder froher Tage,

      Und manche liebe Schatten steigen auf;

      Gleich einer alten, halbverklungnen Sage,

      Kommt erste Lieb’ und Freundschaft mit herauf;

      Der Schmerz wird neu, es wiederholt die Klage

      Des Lebens labyrinthisch irren Lauf,

      Und nennt die Guten, die, um schöne Stunden

      Vom Glück getäuscht, vor mir hinweggeschwunden.

      [6]Sie hören nicht die folgenden Gesänge,

      Die Seelen, denen ich die ersten sang,

      Zerstoben ist das freundliche Gedränge,

      Verklungen ach! der erste Wiederklang.

      Mein Leid ertönt der unbekannten Menge,

      Ihr Beyfall selbst macht meinem Herzen bang,

      Und was sich sonst an meinem Lied erfreuet,

      Wenn es noch lebt, irrt in der Welt zerstreuet.

      Und mich ergreift ein längst entwöhntes Sehnen

      Nach jenem stillen, ernsten Geisterreich,

      Es schwebet nun, in unbestimmten Tönen,

      Mein lispelnd Lied, der Aeolsharfe gleich,

      Ein Schauer faßt mich, Thräne folgt den Thränen,

      Das strenge Herz es fühlt sich mild und weich;

      Was ich besitze seh’ ich wie im weiten,

      Und was verschwand wird mir zu Wirklichkeiten.

      Vorspiel auf dem Theater

      Director, Theaterdichter, lustige Person.

      Director.

      Ihr beyden die ihr mir so oft,

      In Noth und Trübsal, beygestanden,

      Sagt was ihr wohl, in deutschen Landen,

      Von unsrer Unternehmung hofft?

      Ich wünschte sehr der Menge zu behagen,

      Besonders weil sie lebt und leben läßt.

      Die Pfosten sind, die Breter aufgeschlagen,

      Und jedermann erwartet sich ein Fest.

      Sie sitzen schon, mit hohen Augenbraunen,

      Gelassen da und möchten gern erstaunen.

      Ich weiß wie man den Geist des Volks versöhnt;

      Doch so verlegen bin ich nie gewesen;

      Zwar sind sie an das Beste nicht gewöhnt,

      Allein sie haben schrecklich viel gelesen.

      Wie machen wir’s? daß alles frisch und neu

      Und mit Bedeutung auch gefällig sey.

      Denn freylich mag ich gern die Menge sehen,

      Wenn sich der Strom nach unsrer Bude drängt,

      Und mit gewaltig wiederholten Wehen,

      Sich durch die enge Gnadenpforte zwängt;

      Bey hellem Tage, schon vor Vieren,

      Mit Stößen sich bis an die Kasse ficht

      Und, wie in Hungersnoth um Brot an Beckerthüren,

      Um ein Billet sich fast die Hälse bricht.

      Dieß Wunder wirkt auf so verschiedne Leute

      Der Dichter nur; mein Freund, o! thu es heute.

      Dichter.

      O sprich mir nicht von jener bunten Menge,

      Bey deren Anblick uns der Geist entflieht.

      Verhülle mir das wogende Gedränge,

      Das wider Willen uns zum Strudel zieht.

      Nein, führe mich zur stillen Himmelsenge,

      Wo nur dem Dichter reine Freude blüht;

      Wo Lieb’ und Freundschaft unsres Herzens Segen

      Mit Götterhand erschaffen und erpflegen.

      Ach! was in tiefer Brust uns da entsprungen,

      Was sich die Lippe schüchtern vorgelallt,

      Mißrathen jetzt und jetzt vielleicht gelungen,

      Verschlingt des wilden Augenblicks Gewalt.

      Oft wenn es erst durch Jahre durchgedrungen

      Erscheint es in vollendeter Gestalt.

      Was glänzt ist für den Augenblick geboren,

      Das Aechte bleibt der Nachwelt unverloren.

      Lustige Person.

      Wenn ich nur nichts von Nachwelt hören sollte.

      Gesetzt daß ich von Nachwelt reden wollte,

      Wer machte denn der Mitwelt Spaß?

      Den will sie doch und soll ihn haben.

      Die Gegenwart von einem braven Knaben

      Ist, dächt’ ich, immer auch schon was.

      Wer sich behaglich mitzutheilen weiß,

      Den wird des Volkes Laune nicht erbittern;

      Er wünscht sich einen großen Kreis,

      Um ihn gewisser zu erschüttern.

      Drum seyd nur brav und zeigt euch musterhaft,

      Laßt Phantasie, mit allen ihren Chören,

      Vernunft, Verstand, Empfindung, Leidenschaft,

      Doch, merkt euch wohl! nicht ohne Narrheit hören.

      Director.

      Besonders aber laßt genug geschehn!

      Man kommt zu schaun, man will am liebsten sehn.

      Wird vieles vor den Augen abgesponnen,

      So daß die Menge staunend gaffen kann,

      Da habt ihr in der Breite gleich gewonnen,

      Ihr seyd ein vielgeliebter Mann.

      Die Masse könnt ihr nur durch Masse zwingen,

      Ein jeder sucht sich endlich selbst was aus.

      Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen;

      Und jeder geht zufrieden aus dem Haus.

      Gebt ihr ein Stück,