Das 4. Buch George. Elke Bulenda. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Elke Bulenda
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844283785
Скачать книгу

      

       Elke Bulenda

       Das vierte Buch George

       Ein humorvoller Fantasy-Roman

      Imprint

      Das 4. Buch George

      Elke Bulenda

      Published by: epubli GmbH, Berlin, www. Epubli.de

      Copyright: © 2014 by Elke Bulenda

      Grafik: Elke Bulenda

      ISBN 978-3-8442-8378-5

      Nicht hoffe, wer des Drachen Zähne sät, Erfreuliches zu ernten.

      (Friedrich Schiller)

      Die Mokiki-Krokodilfarm, in der Nähe von Balimo, Papua-Neuguinea.

      Drückende, feuchte Hitze. Der überforderte Ventilator versuchte vergebens, im Raum ein annähernd erträgliches Lüftchen herzustellen. Mit dem kläglichen Ergebnis, dass er lediglich die Hitze umrührte und ein verzweifeltes Quietschen von sich gab. Von Kühlung jedoch keine Spur. Jay Stevens, der stolze Besitzer der Krokodilfarm, blätterte in den Unterlagen, kramte ein Taschentuch aus seiner Westentasche hervor und wischte sich den strömenden Schweiß von der Stirn. Vor seinem Schreibtisch, dessen Ähnlichkeit mit einem Schlachtfeld nicht zu leugnen war, saß mit geradem Rücken, der Bewerber namens Sandy Bay. Alles war an ihm seltsamerweise sandig... Sein Haar war sandfarben, die Farbe seiner Augen, selbst die Kleidung besaß den Ton von Sand, und auch seine Haut war ebenfalls sandartig, dazu trocken wie Wüstenstaub. Überhaupt schien ihm die Bullenhitze nicht das Geringste auszumachen. Nicht einmal eine Schweißperle benetzte seine Stirn. Jay Stevens sah verwirrt von den Bewerbungsunterlagen auf, blätterte fahrig darin herum und fragte sich, was ihm hier so spanisch vorkam. War es das aalglatte Auftreten des Bewerbers, das Nichtblinzeln seines Gegenübers, oder die Tatsache, dass dieser über außerordentlich gute Zeugnisse verfügte? Was es auch immer sein mochte, dennoch besaß dieser Typ eindeutig genug Schneid und Kaltblütigkeit, um diesen nicht gänzlich ungefährlichen Job - dank seiner Erfahrung - mit Bravour zu meistern.

      Jay stand auf und winkte dem Bewerber.

      »Ihre Zeugnisse sind tadellos, ihre Erfahrungen sagen mir, Sie sind der Richtige für diesen Job. Na, dann folgen Sie mir mal unauffällig, Mister Bay.«

      »Nennen Sie mich Sandy«, bemerkte der Eiskalte freundlich mit einer Stimme wie Sandpapier und verzog die Mundwinkel, was ihm das Aussehen einer Echse verlieh. Dabei blieben sowohl die Augen, als auch der Rest der Mimik von dem Treiben der Lippen gänzlich unbeeindruckt. Lediglich eine feuchte, sich wie eine Schlange windende Zunge, glitt über seine Lippen. Trotz der vorhaltenden und überaus drückenden Hitze, sandte die Hypophyse des Züchters den Befehl des Fröstelns an den Rest von Stevens Körper. Was dessen Rückenmark sofort und willig weitergab. Er schüttelte kurz das Unbehagen ab und ließ Mister Bay den Vortritt. Irgendetwas in ihm sagte, es sei ungesund, diesen Mann im Rücken zu haben. Er stellte das Radio vor der Tür leiser. Bei Krokodilzüchtern ein gängiger Trick, um durch die Beschallung den Stresspegel der Tiere zu senken, und sie damit an ein gewisses Maß an Nebengeräuschen zu gewöhnen. Er öffnete einen dunklen, nichtsdestotrotz recht tropisch-heißen Raum.

      »Wir betreuen hier über Eintausend Exemplare verschiedener Größen. Dort sind die Brutkästen. Die frisch Geschlüpften werden hier vorerst isoliert gehalten. Wenn sie erst mal ein gewisses Alter erreicht haben, setzen wir sie in die Außengehege«, referierte Mister Stevens. Die kleinen Krokodile saßen in den Zuchtbecken und schienen von dem Neuankömmling regelrecht fasziniert zu sein. Der Farmer blickte sich um, und sämtliche Reptilaugen waren auf Sandy Bay gerichtet. Nebenbei stießen sie Quiektöne aus, die sie normalerweise nur in Anwesenheit ihrer Mütter von sich gaben. Stevens kratzte sich verwundert am Kopf. »Seltsam, sie denken, Sie wären ihre Mami. Das habe ich bisher auch noch nicht erlebt!«

      »Ja, das scheint so etwas wie eine Gabe von mir zu sein. Obwohl den Reptilien nachgesagt wird, sie seien nicht sehr sozial, kam ich bisher bestens mit ihnen aus. Nicht dass ich mich über den grünen Klee loben möchte, doch schöpfen die Tiere recht schnell Vertrauen zu mir«, bemerkte Mister Bay.

      »Ja, wenn das so ist, dann steht ihrer Beschäftigung nichts mehr im Wege. Willkommen im Team der Mokiki Krokodilfarm. Kommen Sie, ich will Ihnen noch unsere Comodowarane zeigen. Wir züchten sie erst seit Kurzem. Wir haben sie aus Indonesien und sie sind mir gelinde gesagt, nicht gerade sympathisch. Aber die Mediziner zeigen großes Interesse an ihren Giftdrüsen, so wie sie Interesse am Immunsystem der Krokodile angemeldet haben«, berichtet Jay Stevens begeistert. »Und das bedeutet für uns ein weiteres, lukratives Geschäft.« Er führte den Neuankömmling durch die Gehege mit den Krokodilen, die alle ihre Köpfe drehten, als die beiden Männer ihren Weg passierten.

      »Zum Glück sind diese versponnenen Umweltaktivisten noch nicht auf die Idee gekommen, unsere Tiere in die Freiheit zu entlassen. So schnell können sie wahrscheinlich gar nicht laufen, wie sie selbst in der Nahrungskette landen würden«, lachte Stevens. »Dabei sind wir es doch, die den Umweltschutz unterstützen. Würden wir keine Krokodile züchten, wären die Tiere durch die Bejagung längst ausgerottet. Und solange die Menschen Taschen, Gürtel und Geldbörsen aus diesem Leder begehren, wird sich daran auch so schnell nichts ändern.« Der Farmer betrachtete die Reptilien nachdenklich. »Es sind eben Produkte, ja so hart es klingen mag, diese Tiere sind nichts anderes als Gürtel, Taschen und Krokodilschnitzel. Auf dem Markt für Delikatessen heiß begehrt. Schon probiert? Schmecken ganz hervorragend, fast wie Hähnchenfleisch!«

      Der neue Mitarbeiter schüttelte emotionslos den Kopf.

      Stevens blieb vor dem Gehege der Comodowarane stehen, die sich in der Sonne aalten. Zuerst hatte es den Anschein als schliefen sie. Doch ihr züngeln verriet etwas anderes. Wie auf ein stilles Kommando hoben sie erst die Köpfe, danach den Rest ihrer massigen Körper. In geschlossener Formation kamen fünf ausgewachsene Exemplare züngelnd und krummbeinig an den Gitterzaun geschlendert.

      Das ausgewachsene Männchen stellte sich auf die Hinterbeine und hakte die Krallen vor den Männern ins Gitter.

      »Dieser Kerl hier, das ist unser Oskar, der Herr im Haus«, erläuterte Stevens. »Er hat seinen Harem ganz gut im Griff.«

      Sandy Bay streckte die Hand aus und kraulte dem großen Reptil den Bauch.

      Der Züchter gab eine Warnung von sich: »Das würde ich unter keinen Umständen tun! Wenn er sie beißt, bekommen Sie eine schlimme Infektion!«

      »Er wird mich nicht beißen, glauben Sie mir!«

      Als ein seltsames Geräusch von Oskar ertönte, das fast schon wie ein Lachen klang, verzog der Farmer das Gesicht. »So wie sich das anhört, glaube ich es fast schon selbst. Das ist außerordentlich bemerkenswert, und obendrein gruselig!«

      Doch als er selbst dem Reptil den Bauch kraulen wollte, ertönte ein warnendes Fauchen. »Gut, Oskar, dann eben nicht. Sandy, wie mir scheint, sind Sie ab heute Oskars persönlicher Bauchkrauler. Dann mal viel Spaß. Kommen Sie, ich zeige Ihnen, wo sich das Futter befindet. Die Jungs schieben Kohldampf. So haben Sie gleich die Möglichkeit, sich noch ein wenig beliebter zu machen.«

      Wie sich herausstellte, enttäuschte Sandy Bay die Erwartungen seines Chefs wirklich nicht. Er erwies sich als zuverlässiger, mit guten Instinkten ausgerüsteter Mitarbeiter. Er ließ große Sorgfalt walten, was die Hege und Pflege der Tiere betraf. Mit den anderen Mitarbeitern verstand er sich allerdings nicht ganz so gut. Sie respektierten ihn zwar, doch so richtig warm wurde niemand mit diesem seltsamen Menschen. Der Krokodilflüsterer lehnte es strikt ab, mit ihnen nach Feierabend ein Bier zu trinken. Erst recht sprach er nicht über sich, seine Gedanken oder sein Leben. Ein Insiderwitz machte die Runde, dass es sich bei Sandy nicht wirklich um einen Menschen handelte, sondern eher um ein Reptil, das in eine Menschenhaut genäht worden war. Diese Vermutung wurde zuerst laut, weil Sandy der einzige war, der nicht vom Steg aus die Krokodile fütterte, sondern inmitten der hungrigen Reptilien stand, die geduldig warteten, bis er ihnen die Hühner zuwarf, die von der nahen Geflügelfarm geliefert wurden. Wenn Sandy im Gehege stand, herrschte so etwas wie ein Ausnahmezustand. Nicht weil die Krokodile