Prag. ZEIT ONLINE. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: ZEIT ONLINE
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783844262438
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      Inhaltsverzeichnis

       Einleitung

      Als hätte man auf uns gewartet In Prag lauert der Zauber hinter jeder Ecke. Eine Tramfahrt vom Hradschin bis in die Bierkaschemme.

      Prag, wie es im Buche steht Wo der Kunde Kaiser war: Im ehrwürdigen Grand Hotel Paris vermischen sich Literatur und Wirklichkeit.

      Hoteltipps der Redaktion Design-Hotel, luxuriöses Haus oder schickes Hostel – hier empfiehlt die Redaktion Prager Hotels mit Charme.

      Auf ein Bier in die Tropfsteinhöhle Starke Farben, klösterliche Strenge und ein ausgefallenes Kellerlokal – das neue Hotel The Augustine in Prag.

      Die gute Insel Auf Kampa wird die Welt verbessert.

      Er denkt oft an Maruschka Mit veredeltem Schinkenbrot und einem alten Kochbuch erfindet Oldřich Sahajdák die böhmische Küche neu.

      Die Restaurant-Tipps der Redaktion Vornehm, ohne Schnöseligkeit. Deftig, mit viel Raffinesse. Diese vier Lokale empfiehlt unser Restauranttester Michael Allmaier für einen Besuch in Prag.

      Unter Heiligen Nichts verbindet Prags Gesichter schöner als die Karlsbrücke.

      Honigkuchen und Kubismus Lobbyistenvillen besichtigen oder im Literaturhaus an Lenka Reinerovás Schreibtisch sitzen: Prag lädt zu Entdeckungen ein. Empfehlungen aus der Redaktion und von Lesern.

      Allein unter Kids Die Gäste im Mosaic House in Prag sind jung und schön und beneidenswert trinkfest. Das sollte einen nicht schrecken.

      Coole Kellerkinder Pils, Pop und Fettverbrennung: Mit der Sängerin Marta Jandová durch die Clubs und Kneipen der Stadt.

      Frühling: Liebestolles Prag So manche Stadt hat ihre ganz eigenen Frühlingsboten.

       Weitere E-Books

       Impressum

      Einleitung

      Prag ist schön, alt und ziemlich schräg. Wir fahren Straßenbahn mit dem Schriftsteller Jaroslav Rudiš, essen feinen Schinken, tanzen in Gewölben und streicheln, wenn keiner hinschaut, den heiligen Nepomuk.

      Lassen Sie sich bezaubern wenn sich die Nebelschwaden über der Moldau lichten und wir einen Blick auf und hinter die prächtigen Fassaden dieser in Schönheit gestorbenen Metropole werfen.

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      Als hätte man auf uns gewartet

      In Prag lauert der Zauber hinter jeder Ecke. Eine Tramfahrt vom Hradschin bis in die Bierkaschemme.

       VON STEFANIE FLAMM

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      Was sind das für Menschen, die behaupten, Prag sei die Magie abhandengekommen? Sind sie blind oder blöd oder einfach so verliebt in die alten Schwarz-Weiß-Fotos von der zerbröckelnden Stadt, dass sie gar nicht merken, was da unter den Gerüsten zum Vorschein kam?

      Die lebensgroße Steinmutter, die auf einer Säule an der Spálená-Straße mit entblößter Brust ein Still-in veranstaltet, könnte man noch als frivole Entgleisung abtun. Doch was ist mit dem heiligen Hubertus, der drüben auf der Malá Strana, der Kleinseite, so comichaft seinen Hirsch anbetet, dass es schon an Blasphemie grenzt? Mit den Totenköpfen auf dem Jugendstilhaus in Vinohrady, den riesenhaften Stuckbabys, die wohlgenährt auf einem Fassadenvorsprung in der Národní třída herumtanzen?

      Jugendstil, klar, bombastisches Ornament dito, Kafka, Golem, spitze Türme und alte Friedhöfe, das erwartet man von der Stadt, die sich seit Jahren erfolgreich als in Schönheit gestorbene Metropole vermarktet. Doch irgendwie scheint da noch was hinter den prächtigen Fassaden zu lauern, angenehm verrückt, ein leises Augenzwinkern, das einem zu verstehen gibt, dass das alles so ernst nun auch nicht gemeint ist.

      Am großen, in Zeiten von easyJet viel zu großen Prager Hauptbahnhof treffe ich Jaroslav Rudiš, den Mitteleuropäer unter den jüngeren Prager Schriftstellern. Er liebt es, in das versunkene Universum Österreich-Ungarns einzutauchen, um zu schauen, was davon heute noch Bestand hat. Vielleicht kann er mir erklären, was mit dieser Stadt los ist? Rudiš schlägt vor, eine Runde mit der Straßenbahn zu fahren.

      Er ist ein leidenschaftlicher Nutzer des öffentlichen Personenverkehrs. Die meisten seiner Romane spielen in Bussen und Bahnen. »Meine Welt ist ein riesiges Schienennetzwerk, in dem alles mit allem verbunden ist, obwohl es längst nicht mehr richtig zusammenpasst«, sagt er, während wir unter der Bahnhofsrotunde stehen, die jeder Kirche Ehre machen würden.

      Jugendstil klettert die Säulen hinauf, Licht fällt durch schmale Fensterspalten hinab. In dem Lokal an der Stirnseite trifft der Held aus seiner auch auf Deutsch erschienenen Graphic Novel Alois Nebel (Zeichnungen: Jaromir 99) die Liebe seines Lebens. Leider ist es geschlossen. Bewirtschaftungswechsel. Egal, wir wollen sowieso los.

      Zwischen dem Nationaltheater und dem Haus mit den Riesenbabys steigen wir in die Linie 22. Zwischen Hostivař und Bílá Hora, dem ganz neuen und dem ganz alten Prag, verkehren noch immer die alten roten Bahnen aus den sechziger Jahren; die Stadt scheint zu wissen, wie sehr wir Touristen das mögen.

      Drinnen zieht Rudiš sich erst mal den Mantel aus. Unter jedem der rot-grauen Schalensitze gibt es eine kleine Heizung, die es nicht kümmert, dass der Sommer zurückgekehrt ist. Über die Moldau schippern noch die letzten Tretboote. Dann taucht die Bahn auch schon ein in das Gassengewirr der Kleinseite. Oft beschrieben, oft verhöhnt, diese Mischung aus Klimbim und Kitsch und Knödeln. Doch als sich dann die zackige Silhouette des Hradschin vorm Horizont aufbaut, versuche auch ich, ein Foto zu machen. Vergeblich. Die größte zusammenhängende Burganlage Europas sprengt jedes Display.

      In der ehemaligen Schaltzentrale des Heiligen Römischen Reiches kamen schon andere auf dumme Gedanken. Gold im Reagenzglas züchten, kaiserliche Beamte aus dem Fenster stürzen und so weiter. Der aktuelle Bewohner der Prager Burg, Präsident Klaus, hat nach seinem Einzug erst mal die Europaflagge einholen lassen, um der Welt zu zeigen, dass Brüssel einem Prager Burgherrn gestohlen bleiben kann.

      Die letzten Touristen verlassen die Bahn, doch Rudiš und ich wollen weiter hinaus. Nach der nächsten Schleife können wir dem tschechischen Präsidenten fast aufs Dach gucken. Das ganze Ausmaß der goldenen Herrlichkeit wird einem hier erst so richtig klar. Und ein bisschen kann ich verstehen, dass man selbstherrlich wird, wenn man jeden Tag so ein Panorama hat.

      Rudiš ist da strenger. Wie Tschechen, die sehr jung waren, als die Freiheit kam, ist er noch ein Bewunderer von Václav Havel.