KISHOU III. Michael Kornas-Danisch. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Michael Kornas-Danisch
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783754155530
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      „’n witziges Bild!“, grinste Kishou. „Aber ich mach’ die Türen trotzdem ganz gern mal zu – sonst bekommt man ja niemals Ordnung rein, wenn immer wieder was neues von draußen reinkommt!“, relativierte sie mit ironischem Unterton.

      „Ein erstaunlicher Gedanke!“, stellte Habadam überrascht fest. Er war stehengeblieben und strich nachdenklich und mit hochgezogenen Augenbrauen durch seinen langen, weißen Bart ... Die Ironie Kishous war im wohl entgangen „Madame KA meinte auch einmal etwas in dieser Art – wenn ich mich recht erinnere ... Ihr erlaubt, dass ich euren Gedanken in Besitz nehme, um nach Möglichkeiten eines Irrtums eurerseits zu forschen – obgleich ihr es seid, die diesen Gedanken formte! ... Verzeiht diese möglicherweise kleine Unverhältnismäßigkeit euren Gedanken gegenüber!“ Mit diesen Worten setzte er sich wieder in Bewegung.

      Als sie gegen Abend zur Heimstatt Habadams zurückkehrten, und der sich für diesen Tag verabschiedete, um mit einigen Fackeln bewaffnet zum ‚Streitplatz zurückzukehren, kletterte Kishou geschickt in einen der Turkelbäume hinein, die sie Tags zuvor vom Balkon des Hauses aus bemerkt hatte, und machte es sich auf einer starken Astgabel bequem. In dem berauschenden Funkeln seiner Blätter, die gleich einem nicht enden wollenden farbigen Feuerwerk die Abendsonne um sie herum reflektierte, ließ sie den Gedanken ihren Lauf.

      Einen Moment lang überlegte sie auch, ob sie nicht doch zum ‚Streitplatz’ gehen sollte …

      Die Hände auf ihrem kleinen Bäuchlein abgelegt, wäre sie fast dort oben eingeschlafen ...

      ~*~

      Wandlungen der Hyndriden

      Tolsmoi?“

      „ja!“

      „Bemisst du den Vogel da oben?

      „Schon eine gute Zeit!“

      Sein Verhalten ist ungewöhnlich – was hältst Du davon?“ Der Gefährte des Tolsmoi Rhodes flüsterte fast, als könnte es hier irgendwo unwillkommene Lauscher geben.

      Während der gesamte Trupp, eingegraben im Sand, verborgen unter ihren Schildern hockten, lagen der Tolsmoi Rhodes und drei seiner Leute auf einem der Wagen unter Planen und Säcken versteckt, und beobachteten durch die schmale Ritzen zwischen den Stößen der Seitenwände die Singala in allen Richtungen.

      „Tolsmoi?“, war noch einmal die Stimme des Fragenden zu hören – nun etwas lauter, weil Rhodes nicht antwortete, und er meinte, dass Rhodes ihn nicht gehört hatte.

      „Interessant!“, war nun endlich dessen knappe Antwort. Rhodes war wohl selbst noch zu sehr mit seinen Gedanken beschäftigt, als das er darauf eingehen wollte.

      Vögel waren im Land der Asimielenen nichts ungewöhnliches – was jedoch, wie dem Trupp längst schon aufgefallen war, nicht für die Singala galt. Dieser verwunschene Ort wurde ohne Zweifel von den Kreaturen des Droms gemieden. Nichts Lebendiges war ihnen hier bisher begegnet – nicht einmal Spuren davon.

      Der Vogel dort oben war entweder nicht besonders groß, oder er war sehr weit entfernt. Gegen das strahlende Blau des Himmels war nicht mehr zu erkennen, als dass es sich eben um einen Vogel handelte. Lediglich sein auftauchen über der Singala – und noch mehr die Tatsache, dass er sich scheinbar für die Lagernden interessierte – warf Fragen auf. Schon eine geraume Zeit schwebte er dort oben in einer weiten Kreisbewegung über ihnen.

      „Vielleicht ist es ein Hyndride – ein Späher vielleicht!“, raunte es wieder mit gepresster Stimme unter einer der Planen hervor.

      „Vielleicht!“, war wieder nur die knappe und ungedämpfte Antwort Rhodes.

      Der Tag war schon um einiges fortgeschritten, und die Sonne stand hoch am Himmel. Die seltsame Erscheinung dort Oben mochte für den einzelnen Asimielen ein höchst willkommenes Ereignis sein. Allein der Umstand, dass sie sich in ihren separaten Löchern hockend nicht darüber austauschen konnten, durfte die Erregung um einiges gedämpft haben. Da sie aus ihren Verstecken heraus bestenfalls den Himmel betrachten konnten, war es wohl mehr als wahrscheinlich, dass sie alle das Phänomen da oben längst bemerkt hatten.

      „Er verhält sich sehr ruhig dort oben. Wir könnten versuchen, ihn ...”

      „Vergiss es!“, war die klare Botschaft Rhodes an den zu erwartenden Vorschlag, „Wenn es ein Hyndride ist, und er Klarheit über unser Verhalten hier unten haben würde, wäre er längst nicht mehr da. Wenn wir uns aber offen zu ihm Verhalten, und ihn anschließend nicht mit Sicherheit daran hindern können, zu entkommen, haben wir unseren Vorteil verspielt!“

      Der Logik konnte sich niemand entziehen, und so wäre wohl wieder eine gespannte Stille eingetreten, wenn sich nicht gerade in diesem Moment die Situation geändert hätte ...

      „Er zieht ab!“ rief der, dessen Stimme bislang bemüht war, bestenfalls bis zum Tolsmoi zu gelangen. Es war wohl die Überraschung.

      „Ich sehe sein Verhalten!“, antwortete Rhodos ruhig. „Es ist die Richtung, aus der wir kommen. Wenn es ein Späher war, dann dürfen wir die Hyndriden wohl hinter uns erwarten. Lasst also die Krypte in den Taschen und haltet die Augen offen!“

      Man rückte sich unter den Planen und Säcken zurecht, um einen guten Blick nach hinten zu haben. Da ihr Wagen mit dem Pflug den hinteren Teil der Formation bildete, und wegen des Pfluges die Rückwand hier fehlte, hatten sie die beste Sicht nach hinten, die sie sich nur wünschen konnten. Die Hyndriden hatten somit immerhin nicht die geringste Chance einer Überraschung ... Zumindest wenn die Annahme zutraf, dass der Vogel ein Späher der Hyndriden war – und dass er nun zu denen zurückkehrte, die seinen Bericht erwarteten ...

      Ein fast unmerkliches Rauschen und das entfernte vereinzelte Schlagen von schweren Flügeln ließen Rhodes aufhorchen. Seine Augen suchten unruhig den Himmel ab, aber es war nichts zu sehen. Die Geräusche kamen zweifellos näher, ohne dass sich in ihrem Himmelsausschnitt etwas zeigte. Irritiert schob er die Plane von seinem Kopf und suchte in allen Richtungen. Eigentlich genügte bereits die erste Kopfdrehung, um die Herkunft der Geräusche vor den Augen zu haben.

      Für einen Moment verfluchte er sich, wie er so dumm sein konnte, der einfachsten Logik des vorher beobachteten Vogelverhaltens gefolgt zu sein, um auf dessen simple List der falschen Fährtenlegung herein zu fallen ...

      Wenn er genügend Zeit gehabt hätte, wäre ihm vielleicht klar geworden, dass seine jetzige Schlussfolgerung nicht weniger falsch sein musste, denn der zeitliche Abstand zwischen dem Abdrehen des ersten Vogels und dem nun folgenden Angriff war viel zu kurz für einen so riesigen Umweg des Spähers. Es war bestenfalls die Zeit, die eine Flucht vor denen benötigte, die nun den Himmel belebten.

      Ein großer Schwarm riesiger fliegender und echsenartiger Kreaturen stürzte mit weit geöffneten Rachen und zum greifen bereite mächtige Klauen aus großer Höhe auf sie herab. Selbst Rhodos wäre beinahe der Faszination dieses Anblicks erlegen. Es war wohl nur sein hohes Alter und die Erfahrung, die ihn daran hinderte, lediglich gebannt in den Himmel zu starren.

      Es war ihm auch sofort klar, dass jeder von denen, die in den Löchern kauerten, den Angriff schon viel länger verfolgt haben mussten, da sie ja aus ihrer Position nichts anderes als den Himmel sehen konnten. Niemanden von ihnen würde also die nun folgende einzig mögliche Anweisung ihres Tolsmois überraschen – sie konnten nur darauf warten ...

      „Die Katapulte!“ Rhodos war mit einem Satz aufgesprungen und brüllte in die Singala hinein. Im selben Moment schon sprang er von der Pritsche. „Unter die Wagen!“, rief er dabei den Gefährten zu, weil er sich nun zu erkennen gegeben hatte, und es auf dem Wagen keine Deckung mehr für sie gab.

      Die Schilde rutschten zur Seite, und wie eine Herde aufgescheuchter Maulwürfe sprangen die Asimielenen aus ihren Löchern, um im nächsten Moment an den bereitstehenden Katapulten das Ziel aufzunehmen. Die Hyndriden würden nun wohl feststellen müssen, dass ihr Überraschungsangriff aus der Luft keine sonderliche Überraschung für ihr Ziel war. Sie hatten sich gut vorbereitet ...