Didier Desmerveilles
Der Killer kam aus Santa Fu
Ein Hamburg-Krimi
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Inhaltsverzeichnis
Leseprobe "K. - Begegnungen im Schattenreich"
Prolog
Sonnabend, 4. Mai
»O.k., Digger, bin jetzt drin. Wie weiter?«
»Bist du schon im passwortgeschützten Bereich?«, vergewisserte sich die Stimme am anderen Ende.
»Alter!«, schimpfte Fredo. »Hab' ich das nicht gerade gesagt? Sprech' ich kein Deutsch, oder was?«
»Ist ja gut. Der Trojaner hat sich also bereits selbst installiert. Funktioniert ja geil, das Teil. Da blinkt unten rechts auf dem Monitor ein kleines Pferd, oder?«
»Alter, dass das Vieh ja keine Pferdekacke auf dem Rechner von meinem Alten hinterlässt, ey!«
Fredo befand sich in der Villa seines Vaters. Er schlief nur noch selten dort. Sein Vater hatte ihm zum Studienbeginn vor ein paar Jahren ein Apartment in Alsternähe geschenkt, das er zu einer WG umfunktioniert hatte. Martin war bereits der achte Mitbewohner. Die sieben Vorgänger hatten Fredos nächtliche Partys mit türkischen Freunden auf Dauer nicht ertragen. Auch heute hatte er seinen Vater nicht gesehen, obwohl er den halben Tag in Rissen verbracht hatte. Ganz nach Plan. Er wusste von dem Abendessen mit den wichtigsten Entscheidungsträgern von Lion-Air, dem kleinen Luftfahrtunternehmen, mit dem sein Vater fusionieren wollte. Er hatte sich in das Büro des großen Aksam geschlichen, das USB-Stäbchen, das ihm Martin gegeben hatte, in das Laufwerk geschoben und den passwortgeschützten Bereich tatsächlich in null Komma nichts erreicht. Dann hatte er sein Mobilfunktelefon Martin anrufen lassen. Und wie verabredet hatte sich das Computer-Genie auch gleich gemeldet.
»Wenn du alles genau so machst, wie ich dir gesagt habe, geht auch nichts schief. Die Dateien musst du natürlich selber finden.«
Fredo hatte sich die Plastikhandschuhe von seinem Haarfärbemittel übergestreift. Sie knisterten ein wenig, während er die Maus durch die Liste der Dateien klickte. »Da hab' ich jetzt kein' Nerv für, Digger. Ich kopier' einfach den ganzen Scheiß auf dein' USB.«
»O.k. Der dürfte groß genug sein. Aber pass auf, dass du copy und nicht ausschneiden wählst.«
»Ey, bin ich die Computer-Arschgeige, oder was?«, beschwerte sich Fredo. »Ich leg' jetzt auf. In 'ner halben Stunde bin ich bei dir.«
»Wie verabredet. Alles klar. Und schön alles wieder schließen. Und den USB-Stick abmelden, bevor du ihn rausziehst!«
»Alter, der hält mich für bescheuert!«, flüsterte Fredo sich selbst zu, nachdem er aufgelegt hatte. Online-Kontoauszüge und geschäftlicher Briefverkehr, viele sensible Daten, Informationen über Handelsbeziehungen und internationale Finanz-Transaktionen, die sein Vater lieber von hier statt vom Bürocomputer aus vorgenommen hatte, befanden sich nun als Kopie auf dem kleinen Datenträger mit dem Spähprogramm, den ihm Martin letzte Woche ausgehändigt hatte. Dass sein Mitbewohner und derzeit bester Freund ein Computer-Ass war, das musste man wohl als Wink des Schicksals bezeichnen.
Als Fredo in der Doppelgarage, die an die Villa anschloss, seinen Ferrari startete, war er bester Laune. Am Sonntag würde er Luisa sehen und falls sein Vater es wagen sollte, sich seiner großen Liebe, seiner Einzigen und Wahren, in den Weg zu stellen, weil er von Liebe einfach nichts verstand, so hatte er, Fredo Aksam, jetzt etwas in der Hand, das ihm den Weg frei machte.
Fredo blickte in die Lichter eines großen weißen Frachters, der sich unten auf der Elbe durch die Dämmerung Richtung Hafen schob. »Fiat lux!«, rief Fredo, schaltete ebenfalls das Licht ein, dann das Autoradio. Ozzy Osbourne, Dreamer. Fredo wippte im Takt auf dem Sitz hin und her. Gleichzeitig fuhr er an. Im Grunde ist das Leben auch nichts anderes als ein Musikstück im Radio, dachte er, es klingt langsam aus, als ob irgendein Idiot langsam den Ton leiser drehen würde, oder es endet mit einem Paukenschlag. Wenn man's drauf hat.
Sonntag, 5. Mai
1
»Uuuuh baby, I love your way, everyday!« Peter Framptons Allzeit-Liebeslied flog aus den Lautsprecherboxen in Fredos geöffnetem Ferrari-Cabrio hinauf zu den alten Linden der Allee, durch die er mit achtzig Sachen flitzte, verstärkt nicht nur durch seine 500-Watt-Hifi-Boxen, sondern auch durch ihn selbst. Fredos Stimme eignete sich zwar nicht für einen dieser Song-Contests, die jetzt überall in den Flimmerkisten liefen, aber ging es da nicht sowieso eher ums Aussehen? Dann hätte er, der nonchalant-charmante Deutschtürke vielleicht doch Chancen. »Wanna tell you I love your way, everyday! Wanna be with you night and day!« Allerdings gab es Schwierigkeiten mit der Textsicherheit: »Luisa appears to shine and light the sky«, begann bei ihm die zweite Strophe. Und als Peter Frampton wieder beim Refrain war, macht er aus baby Luisa. »Uuuuh Luisa, I love your way, everyday ...« Er bog von der Kieler Straße in die Wolffstraße ein und von der wieder rechts in den Fasanenweg, der seinem Namen alle Ehre machte. Die Gegend erinnerte mehr an einen Park mit Verweilpavillons als an ein Wohnviertel. Fasane, wenn sie sich denn noch hierher verirrten, hätten keinen Grund zur Klage. Man durfte hier eigentlich auch nur dreißig fahren. Fredo war das zu lahm. »Luisa, Luisa, Luisa!« Der schmale Weg führte auf einen von Linden beschatteten Platz, in dessen Mitte sich eine imposante, dreihundert Jahre alte Kirche mit ihrem schlanken Turm divenhaft in den blauen Himmel emporstreckte. »Uuuuh Luisa, I love your way, everyday!« Eine Treppe führte an Rasenflächen und einem Denkmal für die Gefallenen der Weltkriege vorbei zum Portal, das sich