Inge Elsing-Fitzinger
Tumult am Himmel
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Inhaltsverzeichnis
Die Rache der Sonne
Vor einer Ewigkeit lebten Sonne und Mond als Mann und Frau. Sie waren zufrieden und hatten viele Sternenkinder, denen sie wunderschöne Namen gaben. Sie fütterten diese mit glühendem Feuer, damit sie wunderschön und hell strahlten.
Da besuchte eines Tages ein mächtiger Mann ihr Dorf. Er schleppte jede Menge kostbarer Dinge mit sich. Frau Mond verliebte sich sofort in seine Anmut und seinen Reichtum. Als der strahlende Fremde weiter zog, wollte sie mit ihm fliehen. Doch er war viel zu schnell und sie rannte und rannte, bis sie ihn aus den Augen verlor.
Doch bald bemerkte Herr Sonne, dass seine Frau verschwunden war. Auch die Kinder hatten keine Ahnung, wo Mutter sein könnte. „Wo ist sie!“, brüllte der Vater wütend, „Wohin ist sie gegangen?“ Sein Gesicht funkelte vor Zorn. „Ihr habt eurer Mutter sicher geholfen.“
Seit damals macht Herr Sonne Jagd auf seine Sternenkinder. Wenn er einen Stern erwischt, verschlingt er ihn sofort und niemand fragt je wieder danach. Aber es sind ja so unendlich viele, dass immer noch genug übrig sind. Bis heute jagt Herr Sonne jeden Abend den Sternen hinterher. Sobald Frau Mond Herrn Sonne am Himmelsrand aufgehen sieht, beeilt sie sich zu verschwinden. Hat Herr Sonne die eine Seite des Firmaments durchwandert, eilt er rasch zur anderen Seite. Nie wird er müde und rastet auch nicht. Kaum ist er aber verschwunden, kommt Frau Mond wieder hervor.
Bald hier, bald da, denn sie wechselt oft ihr Versteck, um ihrem Mann nicht in die Arme zu laufen. Mitunter überrascht er sie. Dann reißt er ihr mit einem kräftigen Biss ein Stück aus dem runden Körper. Doch bevor sie ganz verschwindet, wachsen alle Stücke wieder nach. Manchmal trifft er sie auch noch am Himmel, wenn sie sich beim Besuch ihrer Sternenkinder verspätet hat. Bis jetzt gelang es ihr aber immer rechtzeitig zu verschwinden, denn Frau Mond ist sehr flink und wachsam. Bisweilen entdeckt Herr Sonne den Schlupfwinkel seiner Frau. Er nähert sich dann ganz leise und über Stunden ist Frau Mond nicht mehr zusehen. Doch wenn sie frei ist, eilt sie rasch zu ihren Sternenkindern, denn sie liebt sie wirklich sehr. Erscheint ihr Mann, so flieht sie stets mit ihnen.
Nur einen Stern lässt sie zurück, damit er im Falle von Gefahr Nachricht bringen kann, was ihr Mann so treibt. Dieser Stern ist sehr wachsam, morgens und abends. Die Verfolgungsjagd dauert nun schon sehr lange und wird auch noch sehr, sehr lange fortdauern. Doch einmal wird die Zeit kommen. Dann wird Herr Sonne seine Mondfrau in ein tiefes Loch stecken und es sorgsam verschließen, damit sie nie mehr herauskommt. „Ist die Mutter erst gefangen, werden die Sternenkinder rasch gefressen sein“, freut er sich schon heute. Was dann aber mit uns Menschenkindern geschehen wird, weiß niemand.
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