INHALT
3 PARADIGMENWECHSEL IN DER THERAPIE 38
5 DIE UNTERSCHÄTZTE MACHT DER WORTE 59
IMPRESSUM
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
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© 2022 novum publishing
ISBN Printausgabe: 978-3-99107-952-1
ISBN e-book: 978-3-99107-953-8
Lektorat: Susanne Schilp
Umschlagfoto: Majivecka, Christasvengel | Dreamstime.com
Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh
WIDMUNG
Für meine Kinder und Enkel
ZITAT
Panta rhei – alles fließt
Heraklit
VORWORT
In diesen Tagen stellten mir Menschen, die mitbekommen, dass ich ein Buch schreibe, mehrfach die Frage: „Wie bist du eigentlich auf die Idee gekommen?“
Meine Antwort kam spontan, ohne nachzudenken, und beim ersten Mal war ich selber überrascht. Sie lautete: „Bin ich nicht. Die Idee ist auf mich gekommen, und ich habe mich in ihren Dienst gestellt.“ Die meisten schauen mich dann irritiert an; kennen sie mich doch als geerdeten, pragmatischen Menschen, von dem sie solche Antworten nicht erwartet haben. Ich sehe, dass sie kurz überlegen und zu dem Schluss kommen, dass ich vermutlich nicht übergeschnappt bin, sondern allenfalls leicht verwirrt – und wechseln das Thema. Andere halten es für eine scherzhafte Antwort und mutmaßen, dass ich so weiteren Nachfragen entgehen will. Es gibt aber auch die, die das sehr spannend finden und gleich darum bitten, das Buch irgendwann lesen zu dürfen.
Je öfter ich jedoch diese Antwort gebe, desto klarer wird mir, dass genau das meine Wahrheit ist. Und dass es besser ist, der Wahrheit nicht auszuweichen, hat mir schon meine Mutter vermittelt, die zu sagen pflegte: „Ach, weißt du, ich bleibe lieber bei der Wahrheit. Würde ich lügen, bräuchte ich ein sehr gutes Gedächtnis – und das habe ich nicht.“
Die Initialzündung, diese Idee umzusetzen, vielmehr mich ihr hinzugeben, verdanke ich einem Traum, aus dem ich mit dem Satz „Du musst ein Buch schreiben“ erwachte. Ich erzählte das meinem Mann, der völlig selbstverständlich sagte: „Dann mach!“
So lade ich nun ein zu einer Reise, meiner Reise, und es wird eine Flussreise sein.
Das kommt nicht von ungefähr – wer mich kennt, weiß, wie sehr ich das Wasser liebe. Im Alltag tut’s ein Schwimmbad, besser ein See, noch lieber das Meer. Das Schönste für mich aber sind Hausboottouren auf einem Fluss … da fühle ich mich im wahrsten Sinne des Wortes im Fluss.
Wenn ich ein Bild für mein Leben finden soll, kann es eben nur ein Fluss sein, mit allem, was einen Fluss ausmacht: Er kommt von irgendwoher und fließt irgendwohin. Für mein Unterwegssein muss ich weder Quelle noch Mündung kennen. Der Fluss ist einfach da, und ich erlebe mich als einen Ausdruck des Lebens, als eine bestimmte Ausgestaltung der Natur, nämlich als Mensch Brigitte, selbst in diesem Fluss. Ich werde bewegt und muss mich einfach nur mitnehmen lassen.
Nun, ganz so einfach ist das nicht.
Flüsse haben unterschiedliche Fließgeschwindigkeiten, sind mal hochwasservoll, mal ausgetrocknet. Es gibt Stauungen, Stromschnellen, Umwege, Zuflüsse, Abflüsse. Das Wasser kann klar oder trüb sein, warm oder kalt, und, und, und.
So ist mein Leben geprägt durch die ganz unterschiedliche Beschaffenheit des jeweiligen Flussabschnittes, in dem ich mich gerade befinde.
Dazu kommt, dass ich von Zeit zu Zeit versucht habe, den Fluss anzuhalten, eine Weile aufzustauen, um dann zu erleben, wie er durchbricht und mich mitreißt. Mit anderen Worten: Ich habe vergeblich versucht, den Fluss meinen Vorstellungen anzupassen.
Oder ich bin ausgestiegen und habe mein Flussleben beobachtet, analysiert, versucht, mir passendere Verläufe auszudenken. Ich habe versucht, Erklärungen zu finden, wenn ich etwas, was mir auf der Reise geschah, nicht verstanden habe. Ich habe versucht, einen besseren Fluss für mich zu finden und mich, und manchmal auch andere, dafür verantwortlich gemacht, dass das nicht gelungen ist. Manchmal bin ich geflüchtet, damit ich den Fluss weder sehen, hören noch spüren musste. Oft habe ich mich aber einfach nur weggeduckt und am Ufer versteckt.
Ein Standardwerk der Gestalttherapie heißt: „Don’t push the river“ – für mich könnte es heißen: „Don’t push, stow or leave the river.“
Daran habe ich mich offenbar nicht gehalten; und so ist dieses Buch auch ein Versuch zu ergründen, was mich zu der gemacht hat, die ich bin, und wie es gekommen ist, dass ich so oft zu untauglichen Mitteln gegriffen habe.
Wer mag, ist eingeladen, mich zu begleiten. Vielleicht nur ein kleines Stück, vielleicht nur unter einem bestimmten Stichwort … wie auch immer: Die Einladung steht! Es ist sozusagen mein Vermächtnis.
Mir kommt ein Vers von Fritz Woike (deutscher Lyriker, Ende 19. Jahrhundert) in den Sinn:
„Was wir sammeln, was wir speichern, mag’s die Erben noch bereichern, einst vergeht’s. Nur der Schatz der Seelenspenden wächst, je mehr wir ihn verschwenden – nun und stets.“
Jeder vererbt das, was zur Verfügung steht –