Die Sterne in uns. Jan Corvin Schneyder. Читать онлайн. Newlib. NEWLIB.NET

Автор: Jan Corvin Schneyder
Издательство: Bookwire
Серия:
Жанр произведения: Языкознание
Год издания: 0
isbn: 9783968140131
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zur Hölle piepte da eigentlich?

      Müsste ich das nicht wissen?

      Ich fand es nicht heraus, neigte schmunzelnd den Kopf und ließ es einfach weiter piepen.

      Wird schon nicht wichtig sein. Jaja, in Horror- und Katastrophenfilmen passiert in solchen Momenten immer etwas Schreckliches, aber in der Realität eben nicht. Mein Leben ist kein Klischee, wenn ich es nicht dazu werden lasse.

      Ich massierte mir die Schläfen und trank einen Schluck Kaffee. Er war zu heiß. Ich fluchte still.

      Zunge verbrannt, aber immerhin nicht vollgesabbert.

      Es war einfach zu früh.

      Und Montag.

      Natürlich waren die Stationen auch am Wochenende besetzt, aber ich war Stalev. Ich war in dieser kleinen Untersektion befehlshabend. Klar muss ich zwischendurch auch mal solidarisch sein und mir Wochenendschichten auferlegen, aber meistens muss ich es eben nicht. Und ich wusste, dass die anderen das akzeptierten. Die wenigen anderen Squad-Offiziere waren jünger als ich. Mein Alter war gar nicht so leicht zu unterbieten, aber Kriege fordern Opfer und senken den Altersschnitt. Das zivile Hilfspersonal hingegen war überwiegend deutlich älter als ich, aber Zivilisten gaben sich hinsichtlich der Wachbereitschaft diensthabender Offiziere keinen Illusionen hin. Sie halfen ja auch gern. Niemand zwang sie dazu. Klassische Zahlungsmittel früherer Zeiten gab es zwar nicht in unserer Realität, aber ein paar Privilegien als Entlohnung, und im Dienst für die Regierungstruppen ließ sich da am ehesten ordentlich absahnen. War völlig in Ordnung. Ich war zwar nicht deswegen in dieser Position, aber jeder durfte sein, wo er wollte. Das war das Gute an unserer Zeit. Fleiß, Disziplin, Kreativität, Durchsetzungsfähigkeit und Cleverness, um etwas zu erreichen, musste man immer noch selbst aufbringen, aber wenn man einfach nichts tun wollte, dann zwang einen auch niemand dazu, etwas zu tun. Etwa fünfzig Prozent der erwachsenen Erdbevölkerung tat nichts, das als Beruf erkennbar gewesen wäre, aber niemand hätte sie als arbeitslos bezeichnet.

      Ich wollte aber etwas tun.

      Entweder hatte man Talente oder man lud sich Fähigkeiten durch Lernen und Trainieren drauf, das war bei jedem anders. Aber ohne Leistung gab es auch keine verantwortungsvollen Positionen. Nahrung, Wohnung, alle Arten von Unterhaltung, von Reisefreiheit und so weiter hatte wirklich jeder, aber Privilegien waren nicht angeboren und wurden auch nicht verschenkt. Einsatz war schon wichtig. Das fand ich gut so.

      »Stalev Woodman?«

      Ich drehte mich um und bekam schlechte Laune.

      Jensen, auch das noch.

      Jensen war Dewie, also einen Rang unter meinem Stalev-Dienstgrad. Er war ein dürrer, großer Typ, Anfang Zwanzig, dem Regelfanatismus und Selbstüberschätzung angeboren schienen. Der Typ war nie betrunken, nie krank und nie unsachlich. Leider war er kein robotischer Humanbot. Die menschlichen Reste in ihm machten die anderen Eigenschaften nur schwer genießbar. Ok, keine Reste, er war ein Mensch, zumindest laut Akte. Als Mann konnte ich ihn schon gar nicht wahrnehmen. Eher als ein pedantisches Kind.

      »Was?«, lautete meine nicht gerade angemessene Antwort.

      Ich war seine Vorgesetzte, aber er hatte ein Talent dafür, Respekt vor mir aus seinem Tonfall und Benehmen konsequent fernzuhalten. Jetzt zeigte er wieder dieses fiese Lächeln, das nichts als Arroganz und Besserwisserei ausdrückte. »Stalev Woodman, wir müssten die Wartungsroutine entweder durchführen oder wenigstens den Signalton abstellen.«

      Die Wartungsroutine! Natürlich! Die piept nur einmal im Jahr so. Äh, glaube ich.

      »Das weiß ich selbst«, log ich.

      »Und wieso piept es dann noch?«

      Er klemmte sich ein Notizdisplay unter und verschränkte die Arme wie ein ungeduldiger Vater vor dem bockigen Kind.

      »Und? Wieso?«, besaß er die Frechheit, nachzuhaken.

      »Was und?«

      Ich massierte mir weiter die Schläfen und trank noch einen Schluck Kaffee.

       Verflucht noch mal! Immer noch zu heiß!

      »Werden wir sie durchführen oder verschieben?«

      »Was?«

      Jetzt lachte er süffisant.

      Ach so, die dämliche Routine.

      »Verschieben natürlich!«, warf ich schnell hinterher.

      »Darf ich fragen, wieso?«

      Dieses Tadeln ging mir gehörig gegen den Strich. War das mein persönliches Gefühl oder verhielt er sich wirklich unangemessen? Weil ich eine Frau war vielleicht?

       Völlig egal. Nicht meine Aufgabe, mir darüber Gedanken zu machen. Nicht wichtig nehmen. Einfach nicht wichtig nehmen!

      »Nein, dürfen Sie nicht, Dewie Jensen, tun es aber trotzdem. Lesen Sie es mir von den Lippen ab: Weil ich es sage!«

      Er verharrte in seiner selbstherrlichen Körperhaltung, die nach Oberlehrer aussah.

      »Schalten Sie den Ton ab, wenn es Sie glücklich macht, und gehen Sie auf Station!«, befahl ich, und zwar ganz bewusst in deutlichem Kommandoton.

      Das reaktivierte seinen Regelfetisch. Er salutierte – das war völlig überflüssig in einem Mini-Team am Ende der Welt - und ging zum mittleren Kontrollpult. Drei Handbewegungen später verstummte das penetrante Piepen. Er verkniff sich einen weiteren nervtötenden Blick oder Kommentar und ging wieder hinaus.

      Ich atmete auf. Dann merkte ich mir die Durchführung der Wartungsroutine für die kommende Woche vor – ohne Jensen daran zu beteiligen. Ich stand nicht weit genug oben in der Kommandostruktur, um tadellose Mitarbeiter ohne Grund zu versetzen, also musste ich alle legalen Möglichkeiten nutzen, um Jensen von mir fernzuhalten. Ihm gab ich besonders gern Wochenendschichten, aber ich wusste, dass ich es nicht übertreiben durfte und auch, dass dies eine kleinliche und unfaire Handlungsweise von mir war.

      Andererseits war ich mir ziemlich sicher, dass er an Wochenenden eh nichts Besseres vorhatte.

      Aber egal. Wer von uns ist schon perfekt? Ich sicher nicht. Wenigstens weiß ICH das.

      Im Kontrollraum, den ich am liebsten allein besetzte, gab es drei Konsolen. Jeweils auf etwa eineinhalb Metern Höhe befand sich eine Reihe von Schaltflächen, die man mit den Händen bediente. Nur noch gerade so auf Augenhöhe, zeigten mir Monitore und Kontrolldisplays die Auswirkungen dessen, was man mit den darunterliegenden Schaltflächen steuern konnte. Heute standen weder Aufbauten noch Tests an. Das hieß für mich und mein kleines Team, das sich im Gebäude verteilte, dass wir lediglich die Einsatzbereitschaft der vier irischen, der drei isländischen, der zwei schottischen, des walisischen und der vier englischen Orbitalgeschütze sicherstellen mussten. Sie waren jeweils nach den früheren Ländernamen in Gruppen gefasst, die Einzelgeschütze dann nach ihrem genauen Standort benannt.

      Wir waren die Mask Unit, weil unsere Station am Lough Mask im irischen County Mayo lag. Unser Geschütz stand nicht direkt vor der Tür, sondern im relativ nahen Städtchen Galway.

      Wir waren die Leader-Unit dieses Konglomerats.

      Darüber hinaus musste ständig überwacht werden, ob alle Geschütze sicher waren, das heißt, dass sich niemand ihnen näherte oder sich ins System einschleuste.

      Zuletzt galt es, die Kommunikation der planetaren Verteidigungslogarithmen zu überwachen. Mein Netz musste mit allen anderen Netzen des Planeten harmonisch interagieren.

      Unendliche Datenmengen rauschten jeden Tag durch diesen Raum.Er war die Zentrale und zugleich mein Büro, allerdings kam nicht selten jemand ohne Ankündigung hereinspaziert.

      Ich betätigte mein Interkom auf der Frequenz von Dewie Bekker.

      »Jill, pass auf. Lord Bügelfalte ist im Anmarsch.«

      Jill Bekker seufzte.

      »Ich kann zwar besser